Das FG Münster hat mit Urteil entschieden, dass Aufwendungen für ein nach dem Abitur aufgenommenes Erststudium nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind. Etwas anderes gilt nur, wenn das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Damit ist der Abzug von Studienkosten nicht nur der Höhe nach auf jährlich 4.000 EUR beschränkt. Da es im Bereich der Sonderausgaben keinen sog. Verlustvortrag gibt, können Studenten, die während der Ausbildung nur wenig Geld verdienen, die angefallenen Studienkosten auch nicht später, wenn sie höhere Einkünfte erzielen, steuerlich nutzen.

Der Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 2007 Student und erzielte lediglich geringe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (ca. 1.600 EUR). Für einen Studienaufenthalt im Ausland hatte er verschiedene Kosten getragen, die er in seiner Steuererklärung als (vorweggenommene) Werbungskosten in Höhe von ca. 18.600 EUR geltend machte. Das Finanzamt berücksichtigte die Studienkosten lediglich als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) in Höhe von 4.000 EUR. Außerdem lehnte es ab, einen Verlustvortrag in Höhe der weiteren Aufwendungen des Klägers für das Folgejahr festzustellen. So konnte der Kläger, der nach Abschluss des Studiums im Jahr 2008 als Assistent eines Vertriebsvorstandes arbeitete, die Aufwendungen für das Studium auch 2008 steuerlich nicht nutzen.

Die Entscheidung

Der 5. Senat bestätigte die Auffassung des Finanzamtes. Zur Begründung verwies er auf das am 14. Dezember 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011. Hiernach ergebe sich mit Wirkung zum 1. Januar 2004 ausdrücklich, dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium keine Werbungskosten darstellten, wenn die Berufsausbildung bzw. das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde (§ 12 Nr. 5 i.V.m. § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG).

Kein Verfassungsverstoß

Einen Verfassungsverstoß sah der 5. Senat in der gesetzlichen Neuregelung trotz der darin vorgesehenen Rückwirkung zum 1. Januar 2004 nicht. Diese sog. echte Rückwirkung sei ausnahmsweise zulässig. Der Gesetzgeber habe mit der Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben lediglich die Rechtslage rückwirkend festgeschrieben, die bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der einhelligen Rechtsanwendungspraxis entsprochen habe. Auch habe der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen in die Abzugsfähigkeit seiner Aufwendungen als (vorweggenommene) Werbungskosten bilden können.

Schutzwürdiges Vertrauen in eine Rechtslage aufgrund einer höchstrichterlichen Rechtsprechung entstehe allenfalls dann, wenn es sich um eine gefestigte, langjährige Rechtsprechung handele. Als eine solche gefestigte, langjährige Rechtsprechung sei die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes anzusehen, in der er die Kosten des Erststudiums als Sonderausgaben angesehen habe, nicht hingegen die spätere Fortentwicklung bzw. Änderung dieser Rechtsprechung zugunsten der Einordnung als Werbungskosten.

Kein Verstoß gegen das objektive oder subjektive Nettoprinzip

Die Neuregelung verstößt nach Auffassung des 5. Senates auch nicht gegen das objektive oder subjektive Nettoprinzip. Die Kosten für die Erstausbildung seien gemischt und nicht zwangsläufig allein beruflich veranlasst. Ein unmittelbarer Anknüpfungspunkt des Erststudiums an eine spätere berufliche Tätigkeit fehle regelmäßig. Der Gesetzgeber habe daher mit der Zuweisung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben eine in seinem Gestaltungsspielraum liegende Wertung vorgenommen.

Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen

Gericht:
Finanzgericht Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 5 K 3975/09 F

FG Münster PM Nr. 3 vom 01.02.2012

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