Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass Grundsicherungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch II. Buch (SGB II) nur Anspruch auf die Übernahme der Kosten einer Unterkunft haben, die auch tatsächlich genutzt wird.

Der Sachverhalt

Das Jobcenter des Landkreises Göttingen hat einem Grundsicherungsempfänger die Unterkunftskosten entzogen. Zuvor hatte es ihn in eine Förderungsmaßnahme in einen Friseursalon im 70 km entfernten Kyffhäuserkreis (Thüringen) vermittelt. Hier übte er zudem eine selbständige Tätigkeit in der Fahrzeugaufbereitung aus.

Mit der Inhaberin des Salons ging er eine Beziehung ein und verbrachte auch die Nächte in Thüringen. Dennoch sollte das Jobcenter nach seiner Ansicht weiter für die bisherige angemietete Wohnung zahlen und außerdem die Kosten für das tägliche Pendeln zur Arbeit übernehmen. Er halte sich schließlich nur besuchsweise in Thüringen auf.

Die Entscheidung

Dem vermochte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (Az. L11 AS 1138/16 B ER) nicht zu folgen. Es bewertete das Vorbringen vielmehr als pauschal und nicht glaubhaft.

Aus dem Urteil: Bei der Prüfung eines Anspruchs auf Leistungen für KdU (§ 22 SGB II) ist entscheidend auf die vorrangig tatsächlich genutzte Unterkunft abzustellen (Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 22 Rn 38 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Es können ausschließlich die Kosten für eine Unterkunft, in der sich der Leistungsbezieher überwiegend tatsächlich aufhält, übernommen werden, nicht dagegen Kosten für Zweitunterkünfte (Berlit in: Münder , LPK SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn 19 f; Lauterbach in: Gagel SGB II/SGB III, § 22 Rn 14; Luik a.a.O.; Beschluss des erkennenden Senats vom 16. Juli 2013 - L 11 AS 546/13 B ER).

Das Landessozialgericht hat auf die Ergebnisse eines Hausbesuchs durch das Jobcenter abgestellt. Dort stellte sich die Wohnung als unbewohnt dar. Die Wohnung zeigte sich als stark ausgekühlt. Die Temperatur hatte sogar Ende November unterhalb der Außentemperatur gelegen. Frische Lebensmittel befanden sich ebenso wenig in der Wohnung, wie getragene oder schmutzige Kleidungsstücke. Stecker für häufig genutzte Elektrogeräte wie dem Fernseher waren aus der Steckdose gezogen. Die Heizkostenabrechnung ergab einen Verbrauch von 0,73 Euro/Monat und lag damit weit unterhalb des Erwarteten.

Bei Vorliegen derartig gravierender Hinweise vermochte der Senat auch einer eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers nicht zu glauben, in der dieser ohne Beleg lediglich behauptete, die zahlreichen Fahrten mit dem PKW seiner Partnerin zurückgelegt und diesen auf eigene Kosten betankt zu haben.

Gericht:
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.01.2017 - L11 AS 1138/16 B ER

LSG Niedersachsen-Bremen
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