Fahrtkosten, die dadurch entstehen, weil ein geschiedener Vater am Wochenende seine Kinder abholt, sind abhängig von den Umständen des Einzelfalls, nur in Höhe des günstigsten Bahntickets zu übernehmen, so die Entscheidung des Bundessozialgerichts.

 Der Sachverhalt

Wie aus dem Sachverhalt hervorgeht, übte ein geschiedener Vater sein Umgangsrecht aus, indem er alle vierzehn Tage seine Töchter abholte. Diese wohnen in einer Entfernung von rund 140km bei der Mutter. Wegen der Kosten für die mit seinem eigenen PKW durchgeführten Fahrten machte der Arbeitslosengeld II beziehende Kläger beim beklagten Jobcenter einen Mehrbedarf geltend.

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts

Das Bundessozialgericht hat einen Anspruch des Klägers auf eine Mehrbedarfsleistung für die Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter von mehr als 340 Euro, also der Kosten für das günstigste Bahnticket, verneint.

Zwar lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Mehrbedarfs dem Grunde nach vor. Der Höhe nach bestanden jedoch Einsparmöglichkeiten durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Bei der Bestimmung der grundsicherungsrechtlich gebotenen Einsparmöglichkeit hinsichtlich der Aufwendungen für die Ausübung des Umgangsrechts ist Ausgangspunkt die verfassungsrechtliche Absicherung dieses Rechts durch Art 6 Abs 2 des Grundgesetzes. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass Leistungen nach § 21 Abs 6 SGB II Ausfluss des Anspruchs auf Gewährleistung des Existenzminimums im Sinne des Art 1 in Verbindung mit Art 20 des Grundgesetzes sind. In diesem Rahmen ist andererseits bei der Beurteilung der "Einsparmöglichkeiten" zu beachten, dass die getätigten Ausgaben im Sinne eines durch Grundsicherungsleistungen zu deckenden Bedarfs aus Sicht eines verständigen Leistungsberechtigten nicht offenkundig außer Verhältnis zu dem stehen dürfen, was einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht.

Hieraus folgt: Die Aufwendungen für die Kosten des Umgangsrechts müssen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen im Sinne des Grundsicherungsrechts sein; der Leistungsberechtigte muss also die kostengünstigste und gleichwohl im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Umgangsrechts verhältnismäßige sowie zumutbare Variante zur Bedarfsdeckung wählen. Er hat nur Anspruch auf Leistungen in deren Höhe. Unter Berücksichtigung dessen hat der Kläger hier lediglich einen grundsicherungsrechtlich zu deckenden Bedarf in Höhe der durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehenden Aufwendungen.

Rechtsgrundlagen:
§ 21 Abs 6 SGB II

Gericht:
Bundessozialgericht, Entscheidung vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R

BSG, PM Nr. 34/14
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