Bezieher von SGB II-Leistungen haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Übernahme ihrer Kosten für den Kabelanschlussvertrag zum Empfang von Fernsehen und Rundfunk. Dies gilt auch, wenn die Anbringung einer Satellitenschüssel vom Vermieter nicht erlaubt wird.

Diese Kosten sind Teil der Regelleistung (Freizeit, Kultur, Unterhaltung) und somit pauschal abgedeckt. Nur ausnahmsweise ist eine Kostenübernahme möglich, wenn die Pflicht zur Zahlung der Kabelgebühr sich unmittelbar aus dem Mietvertrag ergibt. Dann handelt es sich um Kosten der Unterkunft und Heizung.

Der Sachverhalt

Nach dem neuen Mietvertrag eines Beziehers von SGB II-Leistungen waren in der Gesamtmiete keine Entgelte für einen Kabelanschluss enthalten. Aufgrund der Versorgung der Wohnanlage mit TV-Kabelanschluss war nach dem Mietvertrag das Anbringen und Betreiben einer SAT-Schüssel nicht gestattet. Zur Nutzung des Kabelanschlusses in der Wohnung konnte ein gesonderten Vertrag mit dem Versorger abgeschlossen werden. Eine Verpflichtung zum Abschluss eines sog. Kabelvertrags enthält der Mietvertrag nicht.

Nachdem sich der Kläger über die Kosten eines Kabelanschlusses informiert hatte, sprach er beim Beklagten wegen der Übernahme dieser Kosten vor, was dieser mündlich ablehnte. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein: Da er die Anschlussgebühr in Höhe von ca. 50 EUR und die monatlichen Entgelte von ca. 15 EUR nicht tragen könne, benötige er vor Vertragsschluss eine Kostenübernahmeerklärung vom Beklagten. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Februar 2009 (Az.: B 4 AS 48/08 R) gehörten die monatlichen Nutzungsgebühren für den Breitbandkabelanschluss zu den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU), wenn der Leistungsberechtigte diese aufgrund des Mietvertrages zu tragen habe und es sich um angemessene Aufwendungen handele. Die Kosten seien nur dann nicht zu übernehmen, wenn ein Fernsehempfang bereits anderweitig technisch gewährleistet sei. Der Kläger könne seit Mietbeginn nicht fernsehen.

Das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Az. L 4 AS 98/11)

Das für die Nutzung eines Kabelanschlusses an den Versorger zu zahlende Entgelt (sowohl für die Bereitstellung als auch für laufende Nutzung) ist die Gegenleistung dafür, dass der Kabelnetzbetreiber seinem Vertragspartner die Möglichkeit eröffnet, Rundfunk- und Fernsehprogramme über einen Kabelanschluss zu empfangen. Dadurch kann sich der Leistungsberechtigte informieren, bilden, am kulturellen Leben teilhaben und unterhalten.

Kabelanschluss vom Regelbedarf erfasst

Für die Nutzbarkeit einer Unterkunft sind sie nicht erforderlich. Zum Wohnen und zur Unterkunft gehören nur solche Bedarfe, die der Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie Essen, Schlafen und Aufenthalt dienen, nicht aber bestimmte Freizeitbeschäftigungen oder Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen. Daher sind Aufwendungen für den Kabelanschluss den von der Regelleistung erfassten Bedarfen zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az.: B 4 AS 48/08 R, juris RN 16; Urteil vom 24. Februar 2011, Az.: B 14 AS 75/10 R, juris RN 23).

Übernahme nur bei mietvertraglicher Verpflichtung

Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise dann, wenn der Leistungsberechtigte mietvertraglich verpflichtet ist, (im Rahmen der Betriebskosten) auch Kabelentgelte an den Vermieter zu zahlen. Das BSG hat dazu im Urteil vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) ausgeführt, dass zu den KdU auch die Nebenkosten der Unterkunft gehören, soweit es sich um solche handele, wie sie in § 2 Betriebskostenverordnung aufgeführt seien. Nach § 2 Nr. 15b Betriebskostenverordnung sind die Kosten des Betriebs der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen privaten Verteileranlage Betriebskosten, soweit sie dem Vermieter entstehen, und er sie im Rahmen der Betriebskostenvorauszahlungen auf seine Mieter umlegt.

Mithin sind Aufwendungen für einen Kabelanschluss einschließlich der regelmäßig anfallenden Nutzungsentgelte dann berücksichtigungsfähig, wenn im Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter eine Verpflichtung zur Zahlung durch den Mietvertrag begründet worden ist. Übernehme der Leistungsberechtigte solche Kosten "freiwillig", handele es sich nicht um KdU im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Nur diejenigen Aufwendungen, die mit der Unterkunft rechtlich und tatsächlich verknüpft seien, seien auch als Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen (vgl. BSG, a.a.O., RN 19). Diese Rechtsauffassung des BSG, die auf die sozialhilferechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zurückgeht (vgl. Urteil vom 28. November 2001, Az.: 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256) wird von der Rechtsprechung der Landessozialgerichte nicht in Frage gestellt (vgl. mit weiteren Nachweisen: Sächsisches LSG, Urteil vom 15. März 2012, Az.: L 3 AS 588/10, juris RN 44).

Da der Kläger freiwillig eine vertragliche Vereinbarung mit dem Versorger über die Versorgung mit Kabelfernsehen geschlossen hat, hat er die hieraus resultierenden Kosten, die der Befriedigung seines Informations- und Unterhaltungsbedürfnisses dienen, aus der Regelleistung zu tragen.

Gericht:
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.07.2014 - L 4 AS 98/11

LSG Sachsen-Anhalt, PM
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