Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses für EU-Bürger, die sich zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, rechtfertigen im Rahmen einer Folgenabwägung die vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II (Hartz IV).

Dies hat das Sozialgericht Dortmund in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Falle einer sechsköpfigen spanischen Familie durch Beschluss (Az. S 19 AS 5107/13 ER) entschieden.

Der Sachverhalt

Das Ehepaar und ihre vier Kinder leben seit Juli 2013 in Iserlohn. Zwei Familienmitglieder üben geringfügige Beschäftigungen aus, im Übrigen erhält die Familie Kindergeld. Den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV") lehnte das Job Center unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Demnach würden für Ausländer und ihre Familien, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, keine Leistungen gewährt.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund (Az. S 19 AS 5107/13 ER)

Auf den Eilantrag der Familie hat das Sozialgericht Dortmund das Job Center im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1033 Euro monatlich zu gewähren. Es könne im Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden, ob der Leistungsausschluss zu Lasten der Antragsteller eingreife.

Es bestünden jedoch erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses für EU-Bürger mit dem Gemeinschaftsrecht der EU. Die vielen schwierigen und komplexen Rechtsfragen verdeutlichen, dass die Sach- und Rechtslage für das erkennende Gericht nicht zuverlässig abschließend in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren beurteilt werden kann.

Die danach für die begehrte Regelung im Eilverfahren allein entscheidende Folgenabwägung fällt zugunsten der Antragsteller aus. Ohne die beantragten Leistungen drohen ihnen existentielle Nachteile, die sie aus eigener Kraft nicht abwenden können. Demgegenüber hat der Antragsgegner "nur" finanzielle Nachteile zu gewärtigen, wenn die Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren nicht durchdringen sollten. In diesem Fall erscheint es allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner seinen Rückforderungsanspruch nicht wird realisieren können und die Zuerkennung der Leistungen deshalb im Ergebnis einen Zustand schafft, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache gleichkommt.

Diesem Umstand trägt die Kammer bei der inhaltlichen Ausgestaltung der einstweiligen Anordnung Rechnung, indem sie die nachteiligen Folgen auf Seiten des Antragsgegners (zeitlich) begrenzt und zudem der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes hohe Bedeutung beimisst.

Gericht:
Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 22.01.2014 - S 19 AS 5107/13 ER

SG Dortmund
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