Durch Urteil hat nun auch das LSG Hessen entschieden, dass eine stillende Mutter, die Hartz IV bezieht, keinen Anspruch auf Mehrbedarf hat. Anders als für schwangere Frauen sei ein Mehrbedarf für stillende Mütter gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor.

Der Sachverhalt

Bereits 2012 hat Rechtsindex über die Klage einer stillenden Mutter berichtet. Stillende Mütter hätten in den ersten 4 Monaten nach der Geburt des Kindes einen um 635 kcal erhöhten Mehrbedarf, ab dem 5 Monat etwa 525kcal.

Da bei schwangeren, nicht aber bei stillenden Frauen ein Mehrbedarf anerkannt werde, liege eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Gegen die ablehnende Behördenentscheidung erhob die Frau aus Wiesbaden Klage, verlor aber vor dem Sozialgericht Wiesbaden (siehe: Sozialgericht Wiesbaden, Urteil vom 26.04.2012 - S 16 AS 581/11). Auch vor dem Hessischen Landessozialgerichts scheiterte nun die Mutter.

Die Entscheidung

Die Richter beider Instanzen gaben der Behörde Recht. Anders als für schwangere Frauen sei ein Mehrbedarf für stillende Mütter gesetzlich nicht vorgesehen. Die Frau könne sich auch nicht auf einen erhöhten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung berufen, da diese nicht krankheitsbedingt sei.

Aus dem Urteil: [...] Wie das Sozialgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, sieht das SGB II keinen Mehrbedarf für stillende Mütter vor. Die gilt sowohl für die aktuell geltende Fassung wie auch für die hier anwendbare Fassung vom 20. Juli 2006. Eine analoge Anwendung des § 21 Abs. 2 SGB II scheidet schon mangels planwidriger Regelungslücke aus. Der Klägerin steht auch kein den gesetzlichen Leistungsanspruch erhöhender Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung (§ 21 Abs. 5 SGB II) zu, weil etwaige Mehraufwendungen nicht krankheitsbedingt waren. Auf die insoweit überzeugenden Rechtsausführungen des erstinstanzlichen Urteils zur einfachgesetzlichen Rechtslage, die sich der Senat nach eigener Prüfung zu Eigen macht, wird verwiesen [...]

Ferner liege kein im Einzelfall unabweisbarer besonderer Bedarf vor. Erhöhte Kosten, die typischerweise durch das Stillen auftreten würden, stünden zudem Ersparnisse beim Kauf von Milchnahrung für das Baby gegenüber.

Eine Regelleistung grundsätzlich als Festbetrag zu gewähren, verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht, da der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenentscheidungen typisierende und pauschalierende Regelungen treffen dürfe. Der im Regelsatz enthaltene Anteil für Ernährung müsse deshalb nicht dem individuellen Bedarf angepasst werden. Daher müsse der Gesetzgeber einen Mehrbedarf für stillende Mütter auch nicht gesetzlich regeln.

Rechtsgrundlagen:
§ 21 Abs. 2 SGB II,
§ 21 Abs. 5 SGB II,
§ 20 Abs. 1 SGB II,
Art. 1 Abs. 1 GG,
Art. 20 Abs. 1 GG,
Art. 3 Abs. 1 GG,
Art. 6 Abs. 1 GG

Gericht:
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21.08.2013 - L 6 AS 337/12

LSG Hessen
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