Das SG Düsseldorf hat der Klage eines in Köln lebenden Klägers auf Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz stattgegeben. Ausschlaggebend war eine vom Gericht angenommene Beweislastumkehr zugunsten des Klägers wegen unzureichender polizeilicher Ermittlungsarbeit.

Der Sachverhalt

Der 1970 geborene Kläger türkischer Staatsangehörigkeit hatte beim beklagten Landschaftsverband Rheinland (LVR) zur Begründung seines Antrags auf Beschädigtenversorgung angegeben, dass er im Oktober 2008 nach einem Besuch in dem Kölner Bordell "Pascha" überfallen und mit einem Baseballschläger attackiert worden sei und dabei u. a. schwere Kopfverletzungen erlitten habe. Er leide noch heute unter den körperlichen und psychischen Folgen der Tat und sei seitdem erwerbsunfähig.

Die Staatsanwaltschaft Köln hat wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Das Verfahren wurde im Dezember 2009 mangels hinreichenden Tatverdachts durch einen Amtsanwalt eingestellt.

Der LVR hatte eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz OEG) abgelehnt, da der Kläger den Nachweis, dass er sich eine gesundheitliche Schädigung durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff zugezogen habe, nicht erbracht habe. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, da die Angaben des Kläger und seines Begleiters (des Zeugen), widersprüchlich gewesen seien.

Die Entscheidung

Das Sozialgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und den LVR verpflichtet für den Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung und depressive Störung als Schädigungsfolge festzustellen und ihm eine Rente nach dem OEG unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 90 % zu gewähren.

Zur Begründung führt die Kammer aus, dass der Kläger zwar einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff auf ihn nicht habe beweisen können. Dies liege jedoch an den nach Auffassung der Kammer völlig unzureichenden Ermittlungen der Kölner Polizei und der Kölner Staatsanwaltschaft. So hätte angesichts des möglichen versuchten Tötungsdeliktes eine unmittelbare Tatortbesichtigung einschließlich der Auswertung der Überwachungskameras und die Befragung mehrerer Zeugen (Bordellbetreiber, Türsteher, Prostituierte, Taxifahrer des Opfers) erfolgen müssen. Auch die Vernehmung des von einem Zeugen zu 80 % als Täter identifizierten Beschuldigten sei unterblieben. Bei ordnungsgemäßen Ermittlungen hätte jedenfalls eine Gewalttat nachgewiesen werden können. Dies hätte für einen Anspruch des Klägers im vorliegenden Verfahren ausgereicht. Ein bestimmter Täter müsse nicht identifiziert werden.

Vor dem Hintergrund des Krankenhausaufenthaltes des Klägers, dessen eigener Angaben zum Tathergang sowie der Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen, wonach die erlittenen Gesundheitsschädigungen von dem Schlag mit einem Baseballschläger herrühren können, nahm das Gericht hier eine Beweislastumkehr an. Wenn der Staat seine Schutzpflicht im Hinblick auf die Verhinderung von Straftaten zulasten seiner Bürger nicht wahrnehmen könne, so könnten unzureichende Ermittlungen nach erfolgter Straftat nicht zu Lasten des Betroffenen, hier des Klägers, gehen. Daher sei dem Kläger hier die staatliche Opferentschädigung zu gewähren.

Themenindex:
Opferentschädigung (OEG), Beweislastumkehr

Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.06.2013 - S 35 VG 21/10 (nicht rechtskräftig)

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