Nur eine Woche dauerte die Ehe, dann verstarb der Mann an Krebs. Die Rentenversicherung sieht bei so kurzer Dauer meist wirtschaftliche Gründe und verweigert die Witwenrente. Wahre Liebe sei aber für die Eheschließung zur Überzeugung des Gerichts maßgebend gewesen.

Nach dem Urteil des Sozialgerichts Heilbronn muss die Rentenversicherungsträger nun Witwenrente zahlen. Die nur einwöchige (zweite) Ehe wurde aus "wahrer Liebe" und religiösen Gründen geschlossen - wirtschaftliche Gesichtspunkte hätten keine Rolle gespielt.

Der Sachverhalt

Die im Landkreis Ludwigsburg wohnhafte 61jährige Klägerin begehrte vom beklagten Rentenversicherungsträger, ihr eine Witwenrente zu zahlen. Ihr Mann starb im September 2010 nach einwöchiger Ehe an Krebs. Die erste gemeinsame Ehe war 2002 nach knapp dreißig Jahren aufgrund der schweren Alkoholkrankheit des Mannes geschieden worden.

Der Rentenversicherungsträger lehnte die Bewilligung einer Witwenrente ab: Die 2. Ehe sei geschlossen worden, um der Klägerin eine Witwenrente zu verschaffen. Die Eheleute hätten den bevorstehenden Tod des Ehemannes, der für eine Chemotherapie bereits zu geschwächt gewesen sei, erkennen müssen.

Beide vergaben sich von ganzem Herzen

Die Klägerin hingegen hatte geltend gemacht, sie habe ihren Ehemann ein Jahr vom Beginn seiner Krebserkrankung bis zu seinem Tod gepflegt. Ihre Ehe hätten sie zuvor faktisch schon seit längerem wieder aufgenommen. Zudem habe sich ihr Mann gewandelt, vom Alkohol abgeschworen und "zum lebendigen Glauben an Jesus Christus" gefunden. Deshalb hätten sie sich einander "von ganzem Herzen vergeben" und "ihre Ehe vor Gott und den Menschen" bestätigt.

Das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn

Die zum Sozialgericht Heilbronn erhobene Klage hatte Erfolg. Das Gericht zeigte sich beeindruckt, mit welcher Wahrhaftigkeit sich die tief religiöse Klägerin und die als Zeugen vernommenen Kinder geäußert hätten. Der gemeinsame Wunsch, vor Gott "ins Reine" zu kommen, und "wahre Liebe" seien für die erneute Eheschließung maßgebend gewesen.

Es lagen keine wirtschaftlichen Gesichtspunkte vor

Wirtschaftliche Gesichtspunkte hätten hingegen keine Rolle gespielt: Die Frau sei finanziell mit zwei (eigenen) Renten und einem Vermögen von rund 160.000€ bereits ohne Witwenrente abgesichert. Durch die Eheschließung hätte sie auch nicht vom Erbe ihres Ehemannes profitiert: Dieses sei durch Testament des Mannes vollständig an die drei Kinder gegangen, auf den Pflichtteil hätte sie verzichtet.

Gericht:
Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 23.10.2012 - S 11 R 561/12

Quelle: SG Heilbronn
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