Beschluss - Die Abwrackprämie ist eine zweckbestimmte Einnahme, die bei der Berechnung von Hartz-IV-Leistungen nicht als Einkommen angerechnet werden darf.

Leistungsempfängerin wehrt sich gegen Anrechnung

Im konkreten Fall kaufte eine Frau aus dem Schwalm-Eder-Kreis einen Neuwagen und erhielt die Abwrackprämie in Höhe von 2.500 €. Bei der Berechnung der Hartz-IV-Leistungen wurde diese Prämie für 6 Monate als Einkommen angerechnet. Die monatlichen Leistungen von zuvor 634,23 € verringerten sich dadurch auf 232,99 €. Die 51-Jährige stellte daraufhin beim Sozialgericht Marburg einen Eilantrag. Nach ihren Angaben habe sie das Geld für den Kauf des Wagens von ihrer Mutter als Darlehen erhalten und zahle dieses in monatlichen Raten zu 50 € zurück. Ihr altes Auto sei wegen technischer Mängel nicht mehr nutzbar gewesen. Da ihr Arbeitsplatz 25 km von der Wohnung entfernt sei und sie regelmäßig Ärzte aufsuchen müsse, sei sie auf ein Fahrzeug angewiesen.

Gericht: Anrechnung vereitle Förderzweck der Abwrackprämie

Die Richter beider Instanzen gaben der Frau Recht. Die Abwrackprämie sei eine zweckbestimmte Einnahme, die bei der Berechnung von Hartz-IV-Leistungen nicht angerechnet werden dürfe. Mit der Abwrackprämie solle die Verschrottung alter und der Absatz neuer Fahrzeuge gefördert werden. Eine Anrechnung der Prämie als Einkommen würde diesen Zweck vereiteln.

Die Abwrackprämie übersteige zwar das Siebenfache der Hartz-IV-Regelleistung. Sie stehe aber dem Leistungsempfänger nicht tatsächlich zur Verfügung und könne daher nicht für den privaten Konsum ausgegeben werden. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und damit eine Verringerung des Hilfebedarfs treten deshalb nicht ein, so die Richter.

Auch sei der Wagen (Neupreis knapp 11.000 €) nicht als Vermögen bei der Berechnung des Hilfebedarfs zu berücksichtigen. Denn ein Fahrzeug sei bis zu einer Angemessenheitsgrenze von 7.500 € geschützt. Darüber hinaus ist ein Grundfreibetrag von 150 € pro Lebensjahr zu berücksichtigen. Der Freibetrag der 51-Jährigen in Höhe von 7.650 € überschreite den Differenzbetrag von 3.500 € deutlich. Daher könnten der zwischenzeitlich eingetretene Wertverlust sowie der neben der Abwrackprämie gewährte Händlernachlass von 2.000 € außer Acht gelassen werden.

Leit- oder Orientierungssatz

1. Die staatliche Umweltprämie (sog. Abwrackprämie) ist eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II. Die der Umweltprämie eigene öffentlich-rechtliche Zweckrichtung würde vereitelt, wenn der Leistungsträger sie als leistungsminderndes Einkommen berücksichtigte.

2. Die Zahlung der Umweltprämie verringert nicht den Hilfebedarf des Empfängers, so dass daneben Leistungen nach dem SGB II gerechtfertigt sind.

3. Soweit das neu angeschaffte Kraftfahrzeug Vermögen im Sinne des § 12 SGB II darstellt, kommt eine Berücksichtigung nur in Betracht, wenn die Angemessenheitsgrenze des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB II (von 7.500,00 €) überschritten wird und der verbleibende Betrag die gemäß § 12 Abs. 2 SGB II abzusetzenden Freibeträge übersteigt.

Gericht:
Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15.01.2010, Az.: L 6 AS 515/09 B ER

Quelle: Hessisches Landessozialgericht
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