Reiserücktritt - Ein erneuter Bandscheibenvorfall ist keine unerwartete Krankheit. Als unerwartet ist eine Erkrankung anzusehen, die nicht vorhersehbar sei, wobei es dabei auf die Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmer ankomme.

Der Sachverhalt

Im dem vorliegenden Fall hatte ein Mann Anfang Januar 2009 für sich, seine Ehefrau, seine Tochter und seinen Schwiegersohn eine Kurzreise in die USA gebucht. Gleichzeitig schloss er eine Reiserücktrittsversicherung ab.

Seine Ehefrau hatte bereits im Jahr 2008 einen Bandscheibenvorfall und wurde deswegen stationär behandelt. Verschiedene Behandlungsmaßnahmen, u.a. auch eine Schmerzmedikation und Akupunktur, führten dazu, dass sie im Februar 2009 phasenweise komplett beschwerdefrei war. Kurz vor der USA-Reise machte sie sogar noch einen Skiurlaub. Dann allerdings kam es zu einem erneuten Bandscheibenvorfall. Die Ehefrau und mit ihr die ganze Familie reiste nicht nach Amerika.

Ihr Ehemann stornierte die Reise und machte die Stornokosten in Höhe von 1910 Euro bei der Versicherung geltend. Diese weigerte sich zu bezahlen. Schließlich habe es sich bei der Ereignis um eine bekannte Krankheit gehandelt. Eine solche sei nicht versichert. Der Ehemann erhob Klage vor dem AG München.

Die Entscheidung

Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Eine Versicherungsleistung könne nur beansprucht werden, wenn infolge einer unerwarteten schweren Erkrankung nach Abschluss der Versicherung die Reise nicht durchgeführt werden könne.

Die vorliegende Erkrankung der Ehefrau sei jedoch nicht unerwartet. Als unerwartet sei eine Erkrankung anzusehen, die nicht vorhersehbar sei, wobei es dabei auf die Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmer ankomme. Dieser dürfe nicht auf Grund der ihm bekannten Tatsachen mit dem Auftreten der Krankheit rechnen müssen. Bei Vorhandensein einer Krankheit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses komme es darauf an, ob mit der Fortdauer der Krankheit oder ihrer Verschlechterung zu rechnen sei. Bestehe eine in Schwankungen und Schüben verlaufende Grunderkrankung, bei der jederzeit mit einer akuten Phase gerechnet werden müsse, sei eine solche nicht unerwartet.

Die Ehefrau habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Rückenschmerzen nicht mehr auftreten. Die Diagnose Bandscheibenvorfall sei bereits im Vorfeld gestellt gewesen. Die Beschwerden hätten bei unterschiedlicher Intensität neun Monate angehalten. Auch bei der Buchung hätten noch Beschwerden vorgelegen. Erst nach der Reisebuchung sei eine kurzzeitige Besserung eingetreten. Die andauernde Schmerzsymptomatik und die Behandlung im Zusammenhang mit der bekannten Diagnose habe dazu geführt, dass auch aus Sicht eines medizinischen Laien wie der Ehefrau des Klägers mit einer erneuten Verschlechterung des Gesundheitszustands zu rechnen war.

Gericht:
AG München, Urteil vom 9.4.2010, AZ 242 C 29669/09 (rechtskräftig)

Querverweise:
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Rechtsindex, AG München