Urteil - Nicht jede Beeinträchtigung während einer Urlaubsreise stellt einen Mangel dar. Auch bei Glückshotel- oder Roulette-Reisen sind bei der Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, die Leistungsbeschreibung und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Der Sachverhalt

Ein Paar buchte eine sogenannte Roulette-Reise zur zweiten Septemberhälfte nach Kalabrien. Gewünscht war eine Unterbringung in einem vom Reiseunternehmen zu bestimmenden 4-Sterne-Hotel mit All-Inklusive-Leistungen. Für die Leistung zahlte das Paar 1688 Euro. In Kalabrien angekommen, stellte das Paar fest, dass das Hotel oberhalb einer Hauptverkehrsstrasse und einer Bahnlinie lag. Dadurch wurde das Hotel vom direkten Zugang zum Strand abgeschnitten.

Nicht nur das störte die Reisenden. Sie führten jede Menge Beeinträchtigungen auf und bemängelten Baulärm, die Nichtdurchführung einer angebotenen Thalassotherapie, dass kein Radio im Zimmer war, beim Fernseher nur der Empfang einzelner Satellitensender möglich war, All-Inklusive-Bänder getragen werden mussten, die Verpflegung eintönig war, eine Tauchbasis fehlte, ein reiner Steinstrand vor Ort war, der nur mit einer dünnen Sandschicht aufgefüllt wurde, der Wasserpegel im Pool zu niedrig war, die Sportanimation in einer Stunde Beachvolleyball bestanden habe und die Pianobar zu laut war.

Nach Ansicht der Reisenden habe der Urlaub nicht den geringsten Erlebnis- und Erholungswert gehabt. Sie forderten daher 1750 Euro (einschließlich Geld für entgangene Urlaubsfreude) zurück. Nachdem das Reiseunternehmen die Forderung ablehnte, erhob das Paar Klage vor dem Amtsgericht München.

Die Entscheidung

Nicht jede Unannehmlichkeit während einer Reise stelle einen Reisemangel dar und die zuständige Richterin gab den Reisenden nur in einem kleinen Umfang Recht.

Eintönige Verpflegung

Die Buchung eines All-Inklusive-Angebots bedeute keinen höheren Standard bei der Verpflegung. Warum eine Verpflegung auf Grund von Eintönigkeit ungenießbar sein solle, vermöge das Gericht nicht nachzuvollziehen. Es sei ebenso nicht verständlich, warum etwas eintönig sein solle, wenn regelmäßig ein Fleisch- und ein Fischgericht angeboten werden. Auch sofern nur eine Sorte Eier, Käse und Wurst beim Frühstück angeboten worden sein soll, sei dies nicht geeignet eine Reisepreisminderung zu begründen. Ein Anstehen am Büfett möge lästig sein, sei jedoch hinzunehmen.

Sportanimation

Dass eine Sportanimation nur in einer Sportart bestand, berechtigt nicht zur Reisepreisminderung.

Kein Radio, fehlende Fernsehsender

Radio und spezielle Satellitensender seien nicht zugesichert gewesen. Auch wenn es sich um ein 4-Sterne-Hotel handele, bedeute dies nicht, dass auf jedem Zimmer ein Radio vorhanden sein müsse. Das Gericht könne nicht nachvollziehen, weshalb das Fehlen eines Musik-TV-Senders einen Urlaub maßgeblich beeinträchtigen solle. Der Vortrag berechtigt nicht zur Reisepreisminderung.

Tragen von Plastikarmbänder

Das Tragen von Armbändern stelle keine Beeinträchtigung dar. Die so vorgenommene Gästekennzeichnung sei, auch wenn es sich um ein billiges Plastikarmband handele, keine herabwürdigende Behandlung der Reisenden. Der Sachverhalt berechtigt nicht zur Reisepreisminderung.

Störende Pianomusik

Da bekannt gewesen sei, dass das Hotel über eine Pianobar verfüge, hätte auch mit Pianomusik gerechnet werden müssen. Eine Minderung komme daher nicht in Betracht.

Kein Sandtstrand

Da eine bestimmte Strandzusammensetzung nicht zugesichert wurde, sei ein Steinstrand hinzunehmen.

Keine Tauchbasis

Da das Hotel im Katalog Tauchkurse anbot, eine Tauchbasis aber fehlte, sei insoweit eine Minderung gerechtfertigt. Dasselbe gelte für die fehlende Thalassotherapie.

Geringer Wasserstand im Pool

Der geringe Wasserstand habe das Schwimmen beeinträchtigt. Dieser Zustand habe eine Woche den Urlaub gestört. Dafür sei eine Minderung zu gewähren.

Baulärm und Eisenbahnlinie


Auch der Baulärm berechtige zur Minderung, ebenso wie die zwischen Hotel und Strand sich befindende Eisenbahnlinie. Darauf hätte in der Leistungsbeschreibung hingewiesen werden müssen, da man damit nicht rechnen müsse.

Insgesamt wurde dem Paar eine Minderung von 370 Euro zugesprochen.

Gericht:
Urteil des AG München vom 10.09.2009, AZ 222 C 13094/09 (rechtskräftig)

Rechtsindex (ka)
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