Der Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis mit seinem Stromlieferanten. Dieser forderte mit der Abschlussrechnung ohne Vorbehalt noch 12,85 €, die der Beklagte bezahlte. Rund zwei Jahre später forderte der Stromlieferant weitere 868,50 € von dem Beklagten. Zu Recht?

Der Sachverhalt

In der ersten Rechnung hatte der Stromlieferant den Verbrauch zwischen 28.10.2012 und 30.06.2013 mit 849 kWh zu einem Nettopreis von 217,72€ angegeben. Mit korrigierter Rechnung wurde der Verbrauch mit 3.695 kWh für den gleichen Zeitraum zum Preis von netto 947,55 € ausgewiesen.

Der Zählerstand mit 3.695 kWh war von dem Beklagten selbst ermittelt und der Klägerin mitgeteilt worden. Die Klägerin forderte in der Rechnung vom 08.03.2016 den Beklagten zur Zahlung des Differenzbetrages der beiden Rechnungen auf, mithin brutto 868,50 €.

Der Beklagte ist der Auffassung, für eine Änderung der Schlussrechnung sei eine Anfechtung der ersten, ursprünglichen Rechnung erforderlich gewesen. Zudem stehe der Vertrauensschutz bzw. Verwirkung der Geltendmachung des Anspruchs entgegen.

Das Urteil des Amtsgerichts München

Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab mit Urteil  (Az. 264 C 3597/17) dem Stromlieferanten Recht und verurteilte den Beklagten zur Zahlung.

Nach der Begründung des Richters handele es sich bei der irrtümlich zu niedrigen Rechnung

"... um eine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungswert (...) Die Rechnung kann somit nicht dahingehend ausgelegt werden, dass für den betreffenden Abrechnungszeitraum eine endgültige Abrechnung erstellt werden sollte, die auch dann gelten soll, wenn sich nachträglich herausstellt, dass diese fehlerhaft war.

(...) Schließlich ist der Anspruch auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt. Die Verwirkung setzt sowohl ein Zeit- als auch einen Umstandsmoment voraus, so dass der Anspruchsgegner die berechtigte Erwartung hegen durfte, ein Recht werde nicht mehr geltend gemacht. Vorliegend konnte der Beklagte keine solche Erwartung hegen.

(...) Zwischen der ersten Rechnung und der Rechnungskorrektur liegt ein Zeitraum von zwei Jahren und zwei Monaten.“ Diese Zeitspanne liege noch unterhalb der dreijährigen Verjährungsfrist, innerhalb derer jeder Schuldner damit rechnen müsse, noch in Anspruch genommen zu werden.

Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 14.07.2017 - 264 C 3597/17

AG München, PM 93/2017
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