Käufer eines Neuwagens planen meist genau, wie ihr künftiges Auto ausgestattet sein soll. Entspricht das Fahrzeug bei Auslieferung dann allerdings nicht den Vorstellungen, stellt sich die Frage, ob es zurückgegeben werden kann.

Beratung, Probefahrt und Bestellung

Die Fahrerin eines 13 Jahre alten fünftürigen Autos interessierte sich für den Kauf eines Neuwagens, hatte sich diesbezüglich bei einem Autohändler beraten lassen und dabei auch einen fünftürigen VW-Golf Probe gefahren. Mit dem Verkäufer hatte sie danach neben dem Preis auch noch über verschiedene Ausstattungsmerkmale - unter anderem Motorstärke, Bereifung und ein Navigationsgerät - gesprochen, aber wohl nicht mehr über die Anzahl der Autotüren. Trotzdem waren sich beide Seiten scheinbar einig. Der Händler druckte ein Angebot aus und die Dame unterschrieb eine entsprechende Bestellung. Darin waren die Modellbezeichnung und diverse "Sonderausstattungen" genannt. Dass es sich bei dem bestellten Fahrzeug lediglich um einen Dreitürer handeln sollte, verbarg sich allerdings hinter dem Chiffre-Code "5G14GZ" und war für die Kundin damit nicht erkennbar.

Annahme des Autos unter Protest

Als die Dame vier Monate später ihr neues und bereits zugelassenes Auto in Empfang nehmen wollte, war sie sehr enttäuscht, als sie nur einen dreitürigen Wagen erhielt. Sie beschwerte sich noch vor Ort, nahm das Fahrzeug aber trotzdem mit. In den nächsten Wochen verhandelte sie mit dem Händler über die Ersatzlieferung eines Autos mit fünf Türen. Der Verkäufer ging aber - unter Verweis auf die unterschriebenen Dokumente - davon aus, dass ein wirksamer Kaufvertrag über das dreitürige Auto zustande gekommen war, und weigerte sich dementsprechend, das Fahrzeug zurückzunehmen.

Vertrag trotz fehlender Einigung?

Gut sechs Wochen nach Übergabe ließ die Kundin über ihren Anwalt schließlich den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären - sie verlangte den Kaufpreis zurück und bot gleichzeitig die Rückgabe des dreitürigen Autos an. Nachdem sich der Verkäufer jedoch weigerte, das Fahrzeug zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.

In erster Instanz ging das Landgericht (LG) davon aus, dass gar kein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen sei. Schließlich hatten sich die Parteien über die Anzahl der Türen, die das neue Auto haben sollte, tatsächlich nicht geeinigt. Eine Einigung über alle wesentlichen Vertragsbestandteile ist aber grundsätzlich Voraussetzung für einen Vertragsschluss.

Fünftüriges Fahrzeug war bestellt

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) als Berufungsinstanz meinte dagegen, dass in diesem Fall ein Vertrag über einen Fünftürer zustande gekommen sei. Das ergab sich laut Urteilsbegründung aus den Umständen des gesamten Verkaufsgesprächs. Die Kundin war mit einem fünftürigen Fahrzeug zum Autohaus gekommen und hatte auch mit einem Fünftürer ihre Probefahrt gemacht. Anschließend wurde über die Anzahl der Türen wohl nicht mehr gesprochen, sodass die Dame davon ausgehen konnte, auch einen Fünftürer bestellt zu haben. Dass sich hinter dem Chiffre-Kürzel tatsächlich nur ein dreitüriges Modell verbarg, war für sie nicht erkennbar. Darüber hätte sie der Verkäufer in diesem Fall aufklären müssen.

Nachdem der Händler das somit geschuldete fünftürige Fahrzeug aber trotz mehrmaliger Aufforderung nicht liefern konnte oder wollte, stand der Käuferin ein Rücktrittsrecht zu. Da sie mit dem Auto allerdings inzwischen rund 11.000 Kilometer gefahren war, bekam sie für die Rückgabe nicht den gesamten Kaufpreis in Höhe von gut 25.000 Euro, sondern nur noch knapp 22.000 Euro zurück.

Gericht:
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.02.2016 - 17 U 66/15

Armin Dieter Schmidt
Rechtsanwalt und Redakteur bei anwalt.de

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