Eine 2-stündige Fahrt in der Regionalbahn und eine volle Blase. Beides kann buchstäblich in die Hose gehen, wenn die einzige Toilette im Zug auch noch defekt ist. Eine Frau hielt die Bahnfahrt zwar noch durch, schaffte es aber am Ankunftsbahnhof nicht mehr auf die Toilette. Ein Urteil über Schmerzensgeld bzw. dessen Höhe.

Der Sachverhalt

Die Klägerin verpasste nach verspäteter Ankunft in Koblenz ihren Anschlusszug und musste mit der Regionalbahn weiterfahren. Bei der rund 2-stündigen Fahrt drückte allmählich die Blase und die Frau machte sich im Zug auf den Weg zur Toilette. Diese war jedoch defekt.

Die Klägerin sah sich gezwungen, ihren bereits bei Antritt der Fahrt bemerkten Harndrang während der gesamten Reisezeit von knapp zwei Stunden zu unterdrücken. Von der in Erwägung gezogenen Möglichkeit, den Zug an einer der insgesamt 30 Haltestellen zu verlassen, machte sie keinen Gebrauch. Nach Verlassen des Zuges in Trier war sie schließlich nicht mehr in der Lage, rechtzeitig eine Toilette aufzusuchen, weshalb sich ihre Blase unkontrolliert auf dem Bahnsteig entleerte.

Sie beansprucht von der Beklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.- €. Das Amtsgericht Trier hat ihr in erster Instanz ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.- € zugebilligt. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Das Urteil des Landgerichts Trier

Das Landgericht Trier (Urteil, Az. 1 S 131/15) hat die Klage nunmehr abgewiesen. Dabei hat sie die Frage, ob sich aus dem der Beförderung zugrunde liegenden Vertrag oder aus sonstigen Vorschriften eine allgemeine Verpflichtung der Bahn ergibt, ihren Kunden in Regionalbahnen durchgängig eine funktionsfähige Toilette zur Verfügung zu stellen, ausdrücklich offen gelassen.

Im konkreten Fall habe eine Verpflichtung der Bahn nahe gelegen, die Reisenden vor dem Einstieg auf diesen Umstand hinzuweisen. Ein derartiger Pflichtverstoß begründe jedoch nicht als solches einen Schmerzensgeldanspruch. Es müsse vielmehr in jedem Einzelfall abgewogen werden, ob bei Berücksichtigung der besonderen Umstände eine solche Entschädigung zum Ausgleich für erlittenen Schmerzen und Leiden angemessen sei.

Gericht: Eigenverantwortliche Handeln der Klägerin von besonderer Bedeutung

Hier sei auch das eigenverantwortliche Handeln der Klägerin von besonderer Bedeutung. Sie habe sich trotz bemerkten Harndrangs, der Dauer der bevorstehenden Fahrt und der nicht ganz unwahrscheinlichen Möglichkeit einer defekten öffentlichen Toilette bei Abfahrt nicht nach einer funktionsfähigen Toilette erkundigt. Sie habe sich aber vor allem dafür entschieden, die Fahrt fortzusetzen und die letztlich eingetretenen Folgen zu riskieren. Eine von ihr selbst in Erwägung gezogene Unterbrechung der Fahrt zwecks Toilettengangs außerhalb eines Bahnhofs sei nicht unzumutbar gewesen. Es handele sich nicht um - von der Klägerin als "Geisterbahnhöfe" bezeichnete - abgelegene und durchgehend menschenleere Örtlichkeiten.

Gericht:
Landgericht Trier, Urteil vom 18.02.2016 - 1 S 131/15

LG Trier
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