Die Kundin eines Mobilfunkunternehmens entdeckte auf ihrer Handyrechnung die Forderung eines Drittanbieters. Da sie die Leistungen des Drittanbieters nie genutzt hatte, reklamierte die Kundin dies beim Mobilfunkanbieter. Dieser bestand auf Bezahlung der Forderung. Für eine Gutschrift müsse sie sich an den entsprechenden Drittanbieter wenden.

Der Sachverhalt

Immer wieder staunen Verbraucher über in ihren Mobilfunkrechnungen auftauchende Posten für Leistungen Dritter, die sie wissentlich weder bestellt noch genutzt haben, berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg. Dabei handelt es sich oft um Abo-Dienste oder kostenpflichtige Serviceleistungen und Mehrwertdienste.

Die Kundin reklamierte innerhalb weniger Tage nach Rechnungserhalt sowohl telefonisch als auch schriftlich mit dem Einwand, dass sie derartige Leistungen nicht bestellt habe. Die Kundin zahlte nur die unstrittigen Forderungen. Das Mobilfunkunternehmen mahnte den noch offenen Betrag des Drittunternehmens an und drohte für den Fall der Nichtzahlung mit der Sperrung des Mobilfunkanschlusses. Das Mobilfunkunternehmen verwies darauf, dass die Kundin sich an den entsprechenden Drittanbieter wenden müsse, um eine eventuelle Gutschrift zu erhalten.

Dazu die Verbraucherschützer

Die jeweiligen Netzbetreiber behandeln Forderungen von Drittanbietern zwar wie eigene Forderungen und treiben diese mit Nachdruck ein, ihren Kunden suggerieren sie jedoch, sie seien für Einwendungen gegen Forderungen von Drittanbietern nicht zuständig. Die Mitteilung an die Kundin sei eine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung, denn sie sei irreführend. Sie täusche die Verbraucher über ihr Recht, Einwendungen gegen Forderungen von Drittanbietern gegenüber des Netzbetreibers, also dem Mobilfunkunternehmen, geltend zu machen. Die Beklagte suggeriere durch diesen Verweis fälschlicheıweise, die Verbraucher müssten sich an die Drittanbieter wenden, weil sie nur inkassierender Dienstleister sei und fiir Inhalt und Ausgestaltung des Angebotes der Drittanbieter nicht verantwoıtlich sei. Dies sei jedoch falsch, wie sich im Allgemeinen aus § 404 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und aus § 45h Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG).

Das Urteil des Landgerichts Potsdam (Az. 2 O 340/14)

Das Landgericht Potsdam folgte der Ansicht der Verbraucherschützer und untersagte es dem Mobilfunkunternehmen mit Urteil (Az. 2 O 340/14) vom 26. November 2015 (noch nicht rechtskräftig) Verbrauchern gegenüber zu behaupten, dass sie sich für eine Gutschrift an den Drittanbieter wenden müssen. In seinem Urteil stellt das Gericht klar, dass sich der Verbraucher mit seinen Beanstandungen nicht an den Drittanbieter wenden muss, sondern diese gegenüber dem Mobilfunkanbieter geltend machen kann.

Direktes Zugriffsrecht auf den Telekommunikationsanbieter

Die Möglichkeit sich wegen Einwendungen gegen Forderungen von Drittanbietern an das abrechnende Telekommunikationsunternehmen zu wenden, ergibt sich materiell rechtlich zum einen bereits aus § 404 BGB. Zum anderen hat dieses Recht aber ihren Ausdruck gefunden in § 45h Abs. 3 TKG. Es ist zwar richtig, dass dort nach dem Wortlaut nur die Mitteilungspflicht als solche und nicht erwähnt ist, wem gegenüber die Einwendungen geltend gemacht werden können. Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist aber, den Verbrauchern ein direktes Zugriffsrecht auf den Telekommunikationsanbieter zu ermöglichen (vgl. Ditscheid/Rudloff in Beck'scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 45h Rdnr. 57).

Drittanbietersperre

Um Ärger schon im Vorfeld zu vermeiden, raten die Verbraucherschützer sich bei den Mobilfunkanbietern sogenannte Drittanbietersperren einrichten zu lassen.

Gericht:
Landgericht Potsdam, Urteil vom 26.11.2015 - 2 O 340/14
Hier: Volltext des Urteils (pdf)

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