Ein Radfahrer forderte Schadensersatz, nachdem er beim Passieren eines Hundes durch dessen Bellen vom Fahrrad gestürzt war. Das Amtsgericht Coburg hatte zu klären, ob der Grund für den Unfall die spezifische Tiergefahr war, oder ob der Radfahrer unangemessen und überzogen auf das Verhalten des Tieres reagiert hat.

Der Sachverhalt

Der sportlich aktive Kläger war mit seinem Fahrrad auf dem Weg zur Schule und hörte dabei über Ohrstöpsel Musik. Der beklagte Hundehalter befand sich ebenfalls auf dem mindestens 2,30 m breiten und gerade verlaufenden Weg. Der Hundehalter sah den nahenden Radfahrers und hielt seinen Hund direkt am Halsband fest.

Am Wegesrand blieb der Hundehalter stehen, um den Kläger passieren zu lassen. Als das Rad auf Höhe des Hundes war, bellte dieser einmal und machte eine kurze Bewegung in Richtung des Klägers. Der stürzte kurz nach dieser Begegnung und zog sich Verletzungen im Gesicht und auch an den Zähnen zu.

Der Radfahrer behauptete, der Hund habe einen Satz in Richtung Wegesmitte gemacht. Zwar habe der Hundehalter das Tier festhalten können, jedoch sei der Kläger so erschrocken, dass er eine spontane Ausweichbewegung gemacht hätte, wobei er gestürzt sei. Er verlangt deshalb u. a. Schmerzensgeld im vierstelligen Bereich.

Der beklagte Hundehalter schilderte die Situation so, dass zwar sein Hund versuchte, hochzuspringen, ihm dies jedoch nicht gelang. Auf das Bellen habe der Kläger auch gar nicht reagiert. Er sei vielmehr mit hoher Geschwindigkeit vorbeigefahren und erst dann gestürzt.

Das Urteil des Amtsgerichts Coburg (Az. 12 C 766/13)

Nach der Vernehmung einer Zeugin hat das Amtsgericht Coburg (Urteil, Az. 12 C 766/13) die Klage abgewiesen. Zwar ist der Halter eines Tieres immer auch unabhängig von einem eigenen Verschulden dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn durch sein Tier jemand verletzt wird.

Voraussetzung für diese sehr weitgehende Gefährdungshaftung ist allerdings, dass sich gerade die spezifische Gefahr des betroffenen Tieres verwirklicht. Davon kann aber dann keine Rede mehr sein, wenn der Dritte vollkommen unangemessen und überzogen auf das Verhalten des Tieres reagiert.

Menschliche Schreckreaktionen

Problematisch ist dies bei menschlichen Schreckreaktionen. Sind diese, gemessen an der Bevölkerungsgruppe des Verletzten, als Reaktion auf das Verhalten eines Tieres noch verständlich und nachvollziehbar, haftet der Tierhalter. Bei kleinen Kindern oder alten Menschen kann etwa das einmalige Anbellen durch einen Hund bereits genügen. Reagiert der Betroffene aber völlig unverständlich und überzogen, ist er für seinen dann eintretenden Schaden selbst verantwortlich.

Von einer solchen unangemessenen Schreckreaktion ging das Amtsgericht auch in diesem Fall aus. Der Kläger hatte den Hund schon frühzeitig erkennen und sich dementsprechend auf die Situation einstellen können. Der Kläger hätte also ohne weiteres langsam fahren oder das Rad auch ein kurzes Stück schieben können. Er fuhr jedoch, über seine Ohrstöpsel Musik hörend, am Beklagten und dessen Hund vorbei. Die dann zum Sturz führende Reaktion des Klägers ist damit nicht mehr auf die spezifische Gefahr des Hundes zurückzuführen, sondern stellt nach der Entscheidung des Amtsgerichts eine schuldhafte Überreaktion dar, weshalb die Klage keinen Erfolg hatte.

Gericht:
Amtsgericht Coburg, Urteil vom 28.08.2013 - 12 C 766/13

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