Der Betreiber einer Motocross-Anlage muss bei einem freien Training die Piste nicht mit Streckenposten sichern. Die Möglichkeit von Stürzen während einer Trainingsfahrt und von Kollisionen mit nachfolgenden Motocross-Fahrern liegt grundsätzlich im Rahmen der von vornherein zu erwartenden Risiken der gemeinsamen Nutzung einer Motocross-Anlage.

Der Sachverhalt

Der beklagte Verein betreibt eine Motocross-Bahn. Der damals neun Jahre alte Kläger befuhr im Rahmen eines freien Kindertrainings mit seiner Kinder-Motocross-Maschine die Bahn. An dem Tag konnte das Gelände auch von Nichtvereinsmitgliedern gegen die Zahlung eines Entgelts benutzt werden.

Der Kläger war in Begleitung seines Vaters. Nach dem Überspringen einer Kuppe stürzte der Kläger bei der Landung mit seiner Maschine. Der nachfolgende Fahrer, ebenfalls ein Kind, konnte nicht ausweichen, weil die Unfallstelle für ihn nicht einsehbar war. Er überfuhr den Kläger und verletzte diesen schwer an Kopf und Hals.

Von dem Betreiber der Motocross-Anlage verlangte das verletzte Kind Schadensersatz und Schmerzensgeld unter anderem mit der Begründung, dass die Benutzung der Bahn durch Streckenposten hätte abgesichert werden müssen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig (11 U 91/14)

Der Betreiber der Motocross-Anlage ist nicht verpflichtet, Schadensersatz und Schmerzensgeld zu zahlen, so das Urteil des OLG Schleswig (11 U 91/14). Er hat keine Verkehrssicherungspflichten verletzt, denn er braucht nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen.

Bereits geringfügige Fahrfehler können zu Unfällen und Stürzen führen, durch die andere Fahrer und auch der Betroffene gefährdet werden können. Diese Umstände waren dem klagenden Kind und auch dessen Vater bekannt, die beide seit mehreren Jahren im Motocross-Sport aktiv waren.

Der beklagte Verein war auch nicht verpflichtet, die Kinder einzeln und zeitversetzt auf der Bahn fahren zu lassen. Diese Maßnahme würde den Charakter des Motocross-Fahrens einschneidend verändern. Den Teilnehmern geht es auch im Rahmen eines Trainings gerade darum, sich mit anderen zu messen, andere zu überholen, mithin im Training eine Rennsituation zu simulieren und so das Fahren in Konkurrenz mit anderen auszuüben.

Platzordnung muss vorhanden sein

Zwar darf die Benutzung einer Motocross-Bahn nicht regellos oder vollständig unbewacht sein. Doch reicht insoweit das Vorhandensein eines entsprechenden Reglements für die Anlage (Platzordnung). Die Einhaltung der notwendigen Ordnung auf der Motocross-Bahn muss durch die Anwesenheit eines Platzwartes sichergestellt werden, was vorliegend der Fall war.

Reglement für Motocross des Deutschen Motorsportbundes

Das Reglement für Motocross des Deutschen Motorsportbundes, das ausdrücklich die Einrichtung einer ausreichenden Zahl von Flaggen- bzw. Streckenposten vorsieht, gilt lediglich für Wettbewerbsveranstaltungen.

Motocross-Sport ist eine für alle Beteiligten erkennbar gefährliche Sportart

Letztlich ist zu konstatieren, dass der Motocross-Sport eine für alle Beteiligten erkennbar gefährliche Sportart ist. Die Gefahren lassen sich in zuverlässiger Weise nur durch solche Maßnahmen verringern, die entweder so kostenträchtig sind, dass ein freies Training von Motocross-Vereinen nicht mehr angeboten werden könnte.

Daher sei es hinzunehmen, dass die Beteiligten die mit einem freien Training auf einer eigens für den Motocross-Rennsport hergerichteten Rennpiste einhergehenden erkennbaren Gefahren auf sich nehmen.

Gericht:
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.02.2015 - 11 U 91/14

OLG Schleswig
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