Im Examensdurchgang Oktober 2014 soll es im Zweiten Juristischen Staatsexamen in Niedersachsen bei insgesamt vier Klausuren zu Fehlern in der Aufgabenstellung gekommen sein. Diese Fehler sollen den Examenskandidatinnen und -kandidaten erst während der laufenden Klausuren mitgeteilt worden sein.

An die betroffenen Examenskandidatinnen und -kandidaten sollen während der laufenden Klausuren E-Mail-Kopien ausgeteilt und sodann verlesen worden sein. Eine Schreibverlängerung soll nicht in allen Fällen gewährt worden sein. Vor dem Hintergrund, dass Kandidatinnen und Kandidaten in solchen Prüfungen unter einem erheblichen Druck stehen, empfinden sie solche Fehler als höchst ärgerlich.

Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lutz Winkelmann (CDU):

Die Aufsichtsarbeiten für die zweite juristische Staatsprüfung werden in der Regel aus Fallakten des Geschäftsbereichs des Justizministeriums entwickelt. Das durch das Landesjustizprüfungsamt auf dieser Grundlage erstellte fiktive Aktenstück, das als Prüfungsaufgabe ausgegeben wird, hat einen Umfang von etwa 12 bis 18 Seiten. In den 4 Prüfungsdurchgängen eines Jahres werden jeweils 9 Aufsichtsarbeiten vom Landesjustizprüfungsamt erstellt. Bei den Aufsichtsarbeiten der Pflichtfachprüfung der ersten Prüfung werden demgegenüber unstreitige Sachverhalte zur Bearbeitung ausgegeben. Diese Klausursachverhalte haben im Gegensatz zu den Sachverhalten des zweiten juristischen Staatsexamens lediglich einen Umfang von 1 bis 2 Seiten. In der Pflichtfachprüfung werden vier Mal im Jahr 6 Aufsichtsarbeiten zur Bearbeitung ausgegeben.

Wie viele und welche Fehler hat es in den Aufgabenstellungen im Examensdurchgang Oktober 2014 im Zweiten Juristischen Staatsexamen gegeben?

Im Examensdurchgang 2014 wurden Fehler bei insgesamt 4 Klausuren festgestellt.

Die am 6. Oktober 2014 gestellte zivilrechtliche Klausur (ZU-Klausur) enthielt zwei Sachverhaltsfehler. Im Sachverhalt auf S. 8 hieß es „...der Klägerin ist damit ein Schaden ...". Richtigerweise musste es heißen: „...der Beklagten ist damit ein Schaden...". Im Sachverhalt auf S. 9 hieß es: „Wir werden beantragen, die Klage abzuweisen." Richtigerweise musste es heißen: „Wir werden uns der Klage anschließen." Dieser Fehler hatte für die Bearbeitung der Klausur keine Relevanz, da laut Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung der - maßgebliche - richtige Antrag gestellt wurde.

Die am 16. Oktober 2014 gestellte strafrechtliche Wahlklausur enthielt drei Sachverhaltsfehler. Das Kennzeichen eines PKW war mit H- LG 487 wiedergegeben, richtigerweise hätte es heißen müssen: „H- MG 487". Das Geburtsjahr des Beschuldigten war mit 1992 wiedergegeben, richtigerweise hätte es heißen müssen: „1990". Der Entnahmezeitpunkt für eine Blutprobe war mit dem 02.08.2014 wiedergegeben, richtigerweise hätte es heißen müssen: „03.08.2014".

Die am 16. Oktober 2014 gestellte verwaltungsrechtliche Wahlklausur enthielt einen Fehler. Die im Sachverhalt genannte Norm aus dem BauGB wurde nicht zutreffend zitiert. Statt § 35 Abs. 1 Nr. 6 lit. d) BauGB hätte es § 35 Abs. 6 lit. b) BauGB heißen müssen.

Die am 17. Oktober 2014 gestellte verwaltungsgerichtliche Klausur (VA-Klausur) enthielt einen Fehler. Die im Bearbeitervermerk genannte Norm aus dem NDSG wurde nicht zutreffend zitiert. Statt § 22 Abs. 6 NDSG hätte es § 21 Abs. 6 NDSG heißen müssen.

Wann sind die Fehler jeweils bemerkt worden?

Die Fehler wurden im Rahmen der Klausurbearbeitungen von den Kandidatinnen und Kandidaten bemerkt.

Warum wurde den Examenskandidatinnen und -kandidaten hinsichtlich der Fehler in den Aufgabenstellungen nicht in allen Fällen eine Verlängerung der Bearbeitungszeit für die betroffenen Klausuren gewährt?

Über Schreibzeitverlängerungen infolge von Störungen entscheidet das Prüfungsamt unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit. Ob eine Störung des Prüfungsablaufes durch eine Schreibzeitverlängerung auszugleichen ist, richtet sich nach der Dauer und der Intensität der Störung. Bei einer nur unerheblichen Beeinträchtigung ist keine Schreibzeitverlängerung zu gewähren.

Auf der Grundlage der prüfungsrechtlichen Rechtsprechung unterbleibt die Anordnung einer Schreibzeitverlängerung in der Regel, wenn der Fehler im Sachverhalt evident und für die Prüflinge damit an sich auf der Hand liegt, oder bei Vorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit.

Ist der Fehler im Sachverhalt durch kurze Mitteilung einer Richtigstellung zu beheben, liegt lediglich eine „unerhebliche Beeinträchtigung" im Sinne der prüfungsrechtlichen Rechtsprechung vor.

Die Entscheidungen des Landesjustizprüfungsamtes zur Verlängerung von Schreibzeiten entsprachen diesen Grundsätzen.

Wie viele und welche Fehler hat es jeweils in den Aufgabenstellungen der vorherigen Examensdurchgänge im Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamen seit März 2013 gegeben?

In dem abgefragten Zeitraum waren die Aufgabenstellungen im Bereich der Pflichtfachprüfungen der ersten Prüfung fehlerfrei.

Die Aufgabenstellungen der Aufsichtsarbeiten der zweiten juristischen Prüfung waren in den Klausurdurchgängen vom April 2013, April 2014 und Juli 2014 fehlerfrei. Im Durchgang Juli 2013 wies der Sachverhalt der am 11. Juli 2013 ausgegebenen Wahlklausur Verwaltungsrecht einen Fehler auf. Auf Seite 8 war ein Geldbetrag mit 11.700 EUR wiedergegeben, der richtigerweise 11.790 EUR hätte heißen müssen. Im Durchgang Oktober 2013 enthielt die strafrechtliche Klausur (SR-Klausur) einen Fehler bei den Bearbeitungshinweisen auf S. 14 Nr. 2. Dort hätte es statt Staatsanwaltschaft Hannover Staatsanwaltschaft Osnabrück heißen müssen. Im Durchgang Januar 2014 wies der Sachverhalt der verwaltungsgerichtlichen Klausur (VA-Klausur) einen Fehler auf. Die im Sachverhalt genannte Norm aus dem BauGB wurde nicht zutreffend zitiert. Anstelle von §§ 38 Abs. 3 NStrG, 9 Abs. 11 BauGB hätte es §§ 38 Abs. 3 NStrG, 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB heißen müssen.

Liegen die Gründe für die Fehler in den Aufgabenstellungen in der mit der Aufarbeitung des Korruptionsfalls im LJPA verbundenen hohen zusätzlichen Arbeitsbelastung für die dort eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder welche andere Ursache gibt es?

Probleme, die Gegenstand der Anfrage sind, hat es nach Anzahl und Art auch in früheren Prüfungskampagnen gegeben. Die Beschäftigten des Landesjustizprüfungsamtes haben seit Monaten erhebliche Mehrarbeit aus dem in der Anfrage benannten Anlass zu bewältigen. Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat diese Zusatzbelastung aber nicht.

Die Anzahl von Fehlern in den Aufgabenstellungen hat sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht erhöht.

Die Gewährleistung der Fehlerfreiheit der Prüfungsaufgaben ist zentrale Aufgabe des Landesjustizprüfungsamtes. Tritt trotz größter Sorgfalt ein Fehler auf, ist er auf menschliches Versagen zurückzuführen.


Quelle: Nds. Justizministerium
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Das Landesjustizprüfungsamt hatte im Zusammenhang mit dem "Verkauf" von Examensarbeiten gegen den Jurastudenten ermittelt und die 2. Staatsprüfung wegen eines schweren Täuschungsversuchs aberkannt. Dagegen wehrt sich der Kläger. Urteil lesen

Die Aufgabe der ersten juristischen Staatsprüfung wurde mit "ungenügend" (0 Punkte) bewertet, nachdem bei einer Hilfsmittelkontrolle festgestelt wurde, dass sich in der Aktentasche des Klägers eine nicht als Hilfsmittel zugelassenen Ausgabe einer Vorschriftensammlung befand. Der Kläger sieht die Bewertung als unverhältnismäßig. Urteil lesen

Mit Urteil hat das BVerwG entschieden, dass die Kontaktaufnahme einer Kandidatin in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung mit dem Prüfer einer von ihr verfassten Examensklausur nicht schon als solche als unzulässiger Versuch einer Beeinflussung des Prüfers sanktioniert werden durfte. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de