Wenn auf Rezepten kein bestimmter Impfstoff angegeben ist, sondern nur  produktneutrale Verschreibungen, müssen Apothekerinnen und Apotheker diejenigen Impfstoffe ausgeben, über die gesetzliche Krankenkassen mit pharmazeutische Unternehmen Rabattverträge abgeschlossen haben.

Dies entschied der 4. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem sich eine Apothekerin gegen die entsprechende Vorgabe der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gewandt hatte.

Der Sachverhalt

Hintergrund des Streits war, dass wegen der von allen gesetzlichen Krankenkassen abgeschlossenen Rabattverträge für die Versicherten kein Anspruch auf Versorgung mit anderen, von diesen Verträgen nicht erfassten Impfstoffen besteht. Verordnet der behandelnde Arzt gleichwohl ohne zwingende medizinische Begründung einen anderen Impfstoff, entfällt nicht nur der Vergütungsanspruch des verordnenden Arztes, sondern auch derjenige des Apothekers.

Die AOK hatte alle Apothekerinnen und Apotheker aufgefordert, auch auf eine produktneutrale Verschreibung nur die rabattierten Impfstoffe auszuwählen. Dies wollte die im Landkreis Böblingen ansässige Apothekerin nicht hinnehmen und stellte beim Sozialgericht Stuttgart einen Eilantrag. Sie könne nicht gezwungen werden, bestimmte verschreibungspflichtige Impfstoffe ohne die erforderliche Verschreibung abzugeben, begründete die Antragstellerin ihr Begehren.

Das Sozialgericht gab ihr Recht und verbot der AOK die Behauptung, als Inhaberin einer Apotheke sei die Antragstellerin verpflichtet, im Fall einer produktneutralen Verschreibung ohne genaue Bezeichnung des Impfstoffs den rabattierten Impfstoff auszuwählen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung drohte das Gericht der AOK ein Ordnungsgeld in Höhe von 100.000 € an.

Die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Az. L 4 KR 3593/13 ER-B)

Für die Apothekerin war der Erfolg jedoch nicht von Dauer; auf die Beschwerde der AOK hob der 4. Senat des Landessozialgerichts den Beschluss der Vorinstanz auf und lehnte den Eilantrag letztinstanzlich ab. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes könnten zwar nicht alle Rechtsfragen abschließend geklärt und die noch ausstehende Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden; bei der vorzunehmenden Interessenabwägung seien aber die Interessen der AOK stärker zu gewichten als diejenigen der Antragstellerin. Deren Umsatz mit den betroffenen Impfstoffen falle im Verhältnis zum Gesamtumsatz nicht derart ins Gewicht, dass eine Existenzgefährdung drohe. Demgegenüber bestehe ein überwiegendes Allgemeininteresse an einer Stärkung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Diesem Zweck dienten auch die streitigen Impfstoffrabattverträge.

Gericht:
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss - vom 27.03.2014 - L 4 KR 3593/13 ER-B

LSG Baden-Württemberg, PM
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