Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz durfte die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos eines Inkassounternehmens auffordern, weil dieses sich bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung von Verbrauchern angelegten Geschäftsmodells beteiligt hatte.

Nach Urteil des BGH (Az. I ZR 75/13), hat die beklagte Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz die Sparkasse Heidelberg in einem Schreiben zur Kündigung und Sperrung des Girokontos der Klägerin aufgefordert. Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen, das unter anderem für die W. GmbH tätig ist.

Der Sachverhalt

Die W. GmbH bot auf ihrer Internetseite einen "Routenplaner-Service" an. Dabei wurde der Nutzer nach Ansicht der Verbraucherzentrale über die Kostenpflichtigkeit des Angebots getäuscht. Nachdem ein Verbraucher aufgrund eines Aufrufs des Angebots der W. GmbH von dieser eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 96 Euro für einen Routenplaner-Service erhalten hatte, focht die beklagte Verbraucherzentrale im Namen des Verbrauchers den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an.

Gleichwohl erhielt der Verbraucher von der nunmehr mit der Einziehung der Forderung beauftragten Klägerin wiederholt Mahnungen, obwohl die Verbraucherzentrale auch gegenüber der Klägerin Einwendungen gegen die Forderung erhoben hatte.

Die Verbraucherzentrale wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an die Sparkasse Heidelberg, in dem sie unter Hinweis auf ein offenkundig wettbewerbswidriges und betrügerisches Verhalten des Betreibers der Internetseite die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos aufrief. Gegen die Aufforderung zur Kündigung und Sperrung des Girokontos hat die Klägerin Unterlassungsklage erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die beklagte Verbraucherzentrale antragsgemäß verurteilt. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. I ZR 75/13)

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die beklagte Verbraucherzentrale mit dem Aufruf zur Kündigung des Girokontos in den durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen hat. Dieser Eingriff war jedoch unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht rechtswidrig.

Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung war zu berücksichtigen, dass die beklagte Verbraucherzentrale sich auf die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsfreiheit berufen konnte. Der Aufruf zur Kündigung des Girokontos war auch nicht unverhältnismäßig. Zwar hätte die Beklagte grundsätzlich den Rechtsweg beschreiten müssen, um ein etwaig rechtswidriges Verhalten der Klägerin zu unterbinden.

Im vorliegenden Fall brauchte die Beklagte aber nicht zunächst Klage zu erheben. Sie konnte vielmehr unmittelbar die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos des Inkassounternehmens auffordern, weil dieses sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung von Verbrauchern angelegten Geschäftsmodells der W. GmbH beteiligt hatte.

Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2014 - I ZR 75/13

BGH, PM Nr. 24/14
Rechtsindex -Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Nürnberg (D-AH) - Ein Kreuzfahrt-Angebot ist nur mit beworbenem Mindest-Preis rechtens. Kommt aber in Wirklichkeit stets noch ein obligatorisches "Serviceentgelt" von 6,50 Euro pro Tag der Fahrt hinzu, handelt es sich bei dieser Werbung um eine wettbewerbswidrige Täuschung der Verbraucher, die mit sofortiger Wirkung zu unterlassen ist. Urteil lesen

Lebensversicherung - Verschweigt ein Versicherungsnehmer bei Abschluss seiner Kapitallebensversicherung eine frühere oder aktuelle Alkoholabhängigkeit und deren mögliche gesundheitliche Folgen, gefährdet er unter Umständen den Anspruch auf die Leistung, weiß die Hamburg-Mannheimer Leben. Urteil lesen

DSL Bandbreite - Verspricht ein Internetprovider seinen Kunden einen schnellen Internetzugang, der sich hinterher als zu langsam erweist, können die Kunden den Vertrag fristlos kündigen. Das geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Fürth hervor. Urteil lesen

Nürnberg (D-AH) - Wer einem säumigen Kunden in einem Mahnschreiben ankündigt, ihn im Falle weiterer Zahlungsunwilligkeit "ein auf Inkasso spezialisiertes Mitarbeiter-Team in den Abendstunden persönlich" vorbei zu schicken, muss seinerseits selbst mit einer scharfen richterlichen Abmahnung rechnen. Urteil lesen


Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de