Nach Urteil des OLG Koblenz (Az. 12 U 71/13) sind 18.000,00 € Schmerzensgeld angemessen, nachdem eine junge Frau nach einem Friseurbesuch einen großflächigen Haarverlust erlitt. Die gravierende seelische Belastung als Folge des Schadensereignisses rechtfertigt ein Schmerzensgeld dieser Höhe.

Der Sachverhalt

Im verhandelten Fall des OLG Koblenz (Az. 12 U 71/13) ließ sich die fast 18-jährige Klägerin ihre dunklen Haare im Friseursalon der Beklagten blond färben. Während des Einwirkens des Blondierungsmittels äußerte die Klägerin, dass ihre Kopfhaut jucke und brenne. Die Behandlung wurde jedoch fortgesetzt.

Haarverlust nach Blondierung

Während der folgenden Tage schwoll das Gesicht der Klägerin an. Alsdann starb in mehreren Bereichen der Kopfhaut Gewebe ab mit der Folge des Verlustes sämtlicher dort vorhandener Haare. In einer Universitätsklinikum diagnostiziert man eine toxische Kontaktdermatitis. Aufgrund der Krankenhausaufenthalte verlängerte sich ihr Schulaufenthalt um ein Jahr und wegen der Ausprägung ihrer seelischen Belastung konnte ein vorgesehenes Praktikum nicht ableistet werden. Die Klägerin beantragte, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen und an sie ein Schmerzensgeld von 18000,00 Euro zu zahlen.

Die Entscheidung

Beim Schmerzensgeld stehen vor allem die schadensausgleichende Funktion und opferbezogene Merkmale wie Umfang und Dauer der Schmerzen, Entstellungen, Leiden und Eingriffe in das Leben des Opfers im Vordergrund (BGH Beschl. v. 10.01.2006 - VI ZB 26/05, 27/05, 28/05 -).

Gravierende seelische Belastung

Aus dem Urteil: [...] Hierbei misst der Senat vor allem Art und Ausmaß der deutlich sichtbaren, nicht durch die vorhandenen Haare zu verdeckenden und daher entstellenden Schädigung der Kopfhaut, dem Umstand, dass der Haarverlust in den betroffenen Bereichen voraussichtlich dauerhaft sein wird, und der gravierenden seelischen Belastung der Klägerin als Folge des Schadensereignisses entscheidende Bedeutung bei. Da die Klägerin unter einer Latexallergie leidet, ist es ungewiss, ob sie eine Perücke tragen kann. Sie ist jedoch gezwungen, nahezu stets eine Kopfbedeckung zu tragen, um die Entstellung zu verbergen. Situationen, in denen es ihr nicht möglich sein wird, den Kopf zu bedecken, wird sie nicht vermeiden können. Das Wissen um die Entstellung wird sie insbesondere als Jugendliche und Heranwachsende daran hindern, alle Möglichkeiten der Persönlichkeitsbildung und Lebensführung sowie des Umgangs mit anderen Jugendlichen und Heranwachsenden wahrzunehmen, und ihr Selbstbewusstsein einschränken. Sie wird täglich mit dem Erfordernis konfrontiert sein, ihren Alltag unter Berücksichtigung der Folgen des Schadensereignisses zu gestalten. Zudem ist sie derzeit durch die bestehende Anpassungsstörung in ihrer Fähigkeit zu sozialen Kontakten beeinträchtigt. [...]

Mit den vorliegend zu beurteilenden Umständen sieht der Senat bisherige Entscheidungen über Schmerzensgeldansprüche wegen fehlerhafter Haarbehandlung, als nicht vergleichbar. Die von den Beklagten zu vertretende Verletzung der Gesundheit der Klägerin rechtfertigt ein Schmerzensgeld von 18.000,00 €

Gericht:
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 22.07.2013 - 12 U 71/13

OLG Koblenz
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