Eine Prozesspartei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Schriftsätze müssen nicht zusätzlich per Telefax an das Gericht übersendet werden.

Der Sachverhalt

Kurz zusammengefasst ging es in dem Bechluss um eine versagte Wiedereinsetzung durch das Berufungsgericht. Den Beklagten wurde am 20. Januar 2012 ein Urteil zugestellt, gegen das sie am 17. Februar 2012 Berufung einlegten. Die Berufungsbegründung wurde am 15. März 2012 per Post an das Oberlandesgericht gesandt.

Die Sekretärin habe den Schriftsatz versandfertig gemacht und frankiert und diesen auf dem Nachhauseweg persönlich gegen 17:30 in einen Briefkasten der Deutschen Post eingeworfen. Die Frist endete erst am 20. März 2012. Der Schriftsatz kam aber nicht bei Gericht an.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagten hätten die Aufgabe zur Post am 15. März 2012 nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Der Rechtsanwalt habe sowohl in dem vorangegangenen selbstständigen Beweisverfahren als auch in diesem Verfahren sämtliche Schriftsätze vorab per Fax versandt. Warum die Vorabversendung am Abend des 15. März 2012 entgegen der ständigen Übung unterblieben sei, lasse sich der eidesstattlichen Versicherung der Sekretärin nicht entnehmen.

Die Entscheidung

Aus dem Beschluss: [...] Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Geht eine Sendung verloren oder wird sie verspätet ausgeliefert, darf dies der Partei nicht als Verschulden angerechnet werden (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Mai 2004 - V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218; BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - IX ZB 73/10, NJW 2011, 458 Rn. 15; Beschluss vom 20. Mai 2009 - IV ZB 2/08, NJW 2009, 2379 Rn. 8 mwN). Weitere Vorkehrungen muss die Partei nicht ergreifen. Insbesondere ist sie nicht gehalten, Schriftsätze zusätzlich zu der rechtzeitigen Aufgabe zur Post auch per Telefax an das Gericht zu übersenden. [...]

Den Verlust des Schriftstücks auf dem Postwege konnten die Beklagten nicht anders glaubhaft machen als durch die Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Aufgabe zur Post. Diese hat die Angestellte in ihrer eidesstattlichen Versicherung lückenlos geschildert.

[...] Auch wenn die Versendung per Telefax kurz vor Fristablauf der einzige Weg zur Fristwahrung sein kann, gibt es bei rechtzeitigem Postversand keinen zwingenden Grund für eine zusätzliche Faxsendung. Aus diesem Grund musste auch nicht erklärt und glaubhaft gemacht werden, warum Frau P. die Faxsendung unterließ und warum eine solche auch am nächsten Tag nicht erfolgte. [...]

Gericht:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.06.2013 - V ZB 226/12

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