Nach Urteil des Nds. OVG sind Einkünfte aus der Tätigkeit einer Rechtsanwältin als Berufsbetreuerin bei der Bemessung der von der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen erhobenen Versorgungsbeiträge nicht zu berücksichtigen.

Der Sachverhalt

Die Klägerin ist selbstständige Rechtsanwältin und Mitglied der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen. Sie ist auch als Berufsbetreuerin tätig und erzielt etwa gleich hohe Einkünfte aus ihren Tätigkeiten als Rechtsanwältin und Berufsbetreuerin. Die beklagte Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen ist als berufsständisches Versorgungswerk für Rechtsanwälte eine öffentlich-rechtliche Pflichtversorgungseinrichtung eigener Art.

Sie gewährt ihren Mitgliedern Versorgungsleistungen, die den klassischen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherungsträger entsprechen. Hierzu erhebt sie von ihren Mitgliedern Beiträge. Der sog. Regelpflichtbeitrag entspricht 5/10 des Höchstbeitrages in der gesetzlichen Rentenversicherung. Bemessungsgrundlage sind nach der Satzung der Beklagten "die gesamten Einnahmen aus selbstständiger anwaltlicher und notarieller Tätigkeit".

Versorgungswerk sieht Berufsbetreuerin als anwaltliche Tätigkeit

Auf dieser Grundlage zog die Beklagte die Klägerin zu Versorgungsbeiträgen heran und setzte deren Höhe unter Berücksichtigung der Einkünfte aus den Tätigkeiten als Rechtsanwältin und Berufsbetreuerin mit der Begründung fest, dass auch letztgenannte Tätigkeiten anwaltliche Tätigkeiten seien.

Hiergegen hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Hannover Klage erhoben und geltend gemacht, die Tätigkeit als Berufsbetreuerin sei keine anwaltliche Tätigkeit, da sie auch von Personen ohne Rechtsanwaltszulassung ausgeübt werden könne. Das Verwaltungsgericht Hannover hat die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung

Der 8. Senat hat dieses Urteil des Verwaltungsgerichts im Berufungsverfahren geändert und den Bescheid über die Festsetzung von Versorgungsbeiträgen aufgehoben, soweit diese auch nach den Einkünften aus der Tätigkeit als Berufsbetreuerin bemessen worden sind.

Versorgungsbeiträge nur für Einkünfte aus anwaltlicher (und notarieller) Tätigkeit

Zur Begründung hat der Senat maßgeblich auf Bestimmungen in der Satzung der Beklagten abgestellt. Diese sieht vor, dass Versorgungsbeiträge nur für Einkünfte aus anwaltlicher (und notarieller) Tätigkeit erhoben werden. Eine solche anwaltliche Tätigkeit ist die Tätigkeit als Berufsbetreuerin nicht. Der Rechtsanwalt ist ein freier Beruf. Er ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten tätig. Als Rechtsanwalt kann nur zugelassen werden, wer die Befähigung zum Richteramt erlangt hat. Dies alles trifft auf die Betreuertätigkeit, auch wenn sie von einem Rechtsanwalt ausgeübt wird, nicht zu.

Die Tätigkeit als Betreuer unterscheidet sich von der anwaltlichen Tätigkeit vielmehr wesentlich. Zum Betreuer kann vom Vormundschaftsgericht jede natürliche Person bestellt werden, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Der Betreuer muss daher - anders als der Rechtsanwalt - eine besondere Qualifikation nicht nachweisen. In der Praxis werden daher neben Juristen häufig auch Personen mit psychiatrischen, pädagogischen oder kaufmännischen Berufsqualifikationen zum Berufsbetreuer bestellt.

Betreuertätigkeit kann von jedermann ausgeübt werden

Die Zulassung als Rechtsanwalt ist für die Betreuertätigkeit mithin keine Voraussetzung. Eine Tätigkeit, die grundsätzlich von jedermann ausgeübt werden kann, wird nicht dadurch, dass sie ein Rechtsanwalt ausübt, zu einer anwaltlichen Tätigkeit. Dieses Ergebnis zeigt sich in vergleichbaren Unterscheidungen zwischen anwaltlicher Tätigkeit und Betreuertätigkeit in anderen Rechtsbereichen, etwa im Sozialversicherungsrecht, im Aufsichtsrecht, im Vergütungsrecht und im Steuer- und Gewerberecht. Der Senat hat eine Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

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Gericht:
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 14.02.2013 - 8 LB 154/12

Nds. OVG, PM vom 18.02.2013
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