Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil  entschieden, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz auch im Fall einer blinden Antragstellerin erfüllt sein können.

Nach den Vorschriften des Heilpraktikergesetzes besteht ein Rechtsanspruch auf die Erlaubniserteilung, wenn kein Versagungsgrund nach der Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz eingreift. Die Blindheit der Klägerin begründet keinen Versagungsgrund im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen.

Der Sachverhalt

Die 1971 geborene Klägerin leidet an einer Netzhautdegeneration und ist seit 2005 vollständig erblindet. Ihren Antrag auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass ihr aufgrund ihrer Erblindung die gesundheitliche Eignung fehle, den Heilpraktikerberuf auszuüben. Auf die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Antrag der Klägerin erneut zu bescheiden und dabei zugrunde zu legen, dass ihr die Berufstätigkeit erlaubt werden könne, sofern sie zusätzlich zu der bereits bestandenen allgemeinen Kenntnisprüfung in einer ergänzenden Prüfung unter Beweis stelle, dass sie sich der aus ihrer Blindheit folgenden Grenzen und erhöhten Sorgfaltspflichten für ihre Tätigkeit bewusst sei.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sprungrevision des Beklagten zurückgewiesen. Nach den Vorschriften des Heilpraktikergesetzes besteht ein Rechtsanspruch auf die Erlaubniserteilung, wenn kein Versagungsgrund nach der Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz eingreift. Die Blindheit der Klägerin begründet keinen Versagungsgrund im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Zwar kann sie solche Heilpraktikertätigkeiten nicht ausüben, die eine eigene visuelle Wahrnehmung voraussetzen. Es verbleiben daneben aber, wie die Vorinstanz für das Revisionsgericht bindend festgestellt hat, Bereiche, auf denen sie selbstverantwortlich heilpraktisch tätig sein kann.

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden

Dazu gehört insbesondere die Behandlung all jener Erkrankungen, die sich allein mit manuellen Methoden diagnostizieren und therapieren lassen. Hiernach ist es unverhältnismäßig, der Klägerin die Heilpraktikererlaubnis unter Hinweis auf eine mangelnde gesundheitliche Eignung zu versagen. Das folgt sowohl aus dem Grundrecht auf freie Berufswahl als auch aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Dem öffentlichen Belang des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin die Erlaubnis nur unter der Voraussetzung einer ergänzenden Prüfung erlangen kann, in der sie nachweist, dass von ihrer Tätigkeit als Heilpraktikerin keine Gefahren zu erwarten sind.

Gericht:
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11

Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 31.05.2011 - 14 K 31.10

BVerwG, PM Nr. 118/2012
Rechtsindex - Recht & Urteil
Ähnliche Urteile:

Für die Ausübung der Heilkunde ist eine Niederlassung erforderlich. Die gelegentliche Nutzung des Behandlungsraumes eines Dritten nach Absprache genügt dafür nicht, so das Urteil des AG München. Wird dagegen verstoßen, können keine Leistungen verlangt werden. Urteil lesen

Heilkunde - Wer kein Arzt ist und Behandlungen im Bereich der Traditionellen Chinesischen Medizin durchführt, bedarf hierzu einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz. Urteil lesen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute über die Klage eines ausgebildeten Physiotherapeuten entschieden, der die Erlaubnis zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde nach § 1 des Heilpraktikergesetzes beschränkt auf den Bereich der Physiotherapie erstrebt hat, ohne zuvor eine nach dem Heilpraktikerrecht vorgesehene Kenntnisüberprüfung absolvieren zu müssen. Urteil lesen

Nach Urteil des OLG Karlsruhe darf eine Kosmetikerin keine Faltenunterspritzung mit hyaluronsäurehaltigen Mitteln durchführen. Dies sei eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde, so das Gericht. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de