Mit Urteil hat das LG Berlin der Produktionsfirma der TV-Serie "Frauentausch" unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt, eine bereits ausgestrahlte Folge dieser Serie selbst oder durch Dritte erneut zu veröffentlichen oder zu verbreiten.

Der Sachverhalt

Geklagt hatte eine Mutter, die mit ihrer Familie an der Produktion der Sendung "Frauentausch" mitgewirkt hatte und sich durch die Art der Darstellung in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt sah.

Die Klägerin behauptet, ihr Sohn sei dazu angestiftet worden zu erzählen, warum er sie und ihren jetzigen Ehemann nicht möge. Die Kinder seien dazu angehalten worden, nicht auf die Aussagen des Ehemannes zu reagieren und seien zu einer Prügelszene aufgefordert worden. Des Weiteren seien die Kinder dazu aufgefordert worden, sich negativer und aggressiver über die Mutter zu äußern.

Inszenierte Szenen durch Vorgaben des Regisseurs

Gegen Ende gibt es eine Interviewszene, in der ein Kind über die Mutter sagt: "Hallo Mama, kannst ruhig zu Hause bleiben" Die andere Mutter sei viel besser als Mama. Ein anderes Kind sagt: "Tschüss! Komm nicht wieder, bleib, wo Du bist". Die Kinder seien animiert worden, die Sätze in der Videobotschaft zu sagen. Weitere Szenen seien auf Aufforderung durch den Regisseur, der sie stark unter Druck gesetzt habe, inszeniert worden.

Die Mutter sei davon ausgegangen, dass sie in Alltagssituationen dokumentarisch begleitet werde. Sie sei jedoch als Showelement der Sendung missbraucht worden und wurde lächerlich gemacht. Nach Ausstrahlung der Folge seien die Kinder massiv geärgert worden. Eine Gruppe Jugendlicher habe sich vor der Wohnung versammelt und die Familie beschimpft. Unter anderem seien sie deshalb weggezogen. Die klagende Mutter begehrt die Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie die Zahlung einer Geldentschädigung. Die Produktionsfirma verweist u.a. auf die Mitwirkungsvereinbarung und stellt einen anderen Sachverhalt dar.

Das Urteil des Landgerichts Berlin

Das Landgericht Berlin hat der Produktionsfirma der TV-Serie "Frauentausch" unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt, eine bereits ausgestrahlte Folge dieser Serie selbst oder durch Dritte erneut zu veröffentlichen oder zu verbreiten.

Aus dem Urteil: [...] Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der abermaligen Verbreitung der Folge der Serie "Frauentausch", in der die Klägerin zu sehen ist, aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog LV.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, da sie durch deren Verbreitung rechtswidrig in ihrem Recht am eigenen Bild bzw. in ihrem allgemeinen Persönlichkeits recht verletzt wird. [...]

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Einwilligung

Die Klägerin habe zwar vor Produktion der Sendung eine Einwilligungserklärung gegenüber der Produktionsfirma abgegeben. Darin sei von einer "TV-Dokumentations-Serie" die Rede gewesen, die vorrangig einen Dokumentationscharakter haben solle. Tatsächlich seien die Aufnahmen dann so nachbearbeitet worden, dass die Klägerin gezielt lächerlich gemacht worden sei. Sie sei als überforderte und geistig verwirrte, bei ihren Kindern unbeliebte Mutter der praktisch veranlagten, sympathischen und ordentlichen Tauschmutter gegenüber gestellt worden. Mit derartigen nachträglichen Bearbeitungen zum ausschließlichen Zweck der Verspottung habe sie nicht rechnen müssen.

Aus dem Urteil: [...] Voraussetzung einer wirksamen Einwilligung ist, dass dem Betroffen Art, Umfang und Zweck der Veröffentlichung der Verbreitung des Bildnisses bekannt sind. Eine erteilte Einwilligung ist grundsätzlich eng auszulegen entsprechend der konkreten Zweckbestimmung (vgl. Wenzel, 5.Auflage 2003, Rdn. 7.81). Eine Bekanntmachung der beabsichtigten Verwendung ist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Einwilligung des Betroffenen vor allem dann, wenn dieser im Umgang mit Medien unerfahren ist und wenn der Beitrag Vorgänge betrifft, deren Veröffentlichung für den Betroffenen unangenehm ist. Je weitergehend die geplante Veröffentlichung die Privatsphäre des Betroffenen betrifft, desto klarer muss er über Verwendung und Art des Beitrags aufgeklärt worden sein (OLG Hamburg v. 4.5.2004, 7 U 10/04, juris Rn. 9). [...]

Die Missachtung des Persönlichkeitsrechts sei allerdings nicht so schwerwiegend, dass eine finanzielle Entschädigung geboten sei, beschied die Zivilkammer 27 die Klägerin und wies die Klage insoweit ab. Die Klägerin hatte Zahlung von mindestens 15.000,- EUR verlangt.

Gericht:
Landgericht Berlin, Urteil vom 26.07.2012 - 27 O 14/12

LG Berlin, PM 55/12
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