Nach Urteil des AG Steinfurt (Az. 21 C 987/13), kann der Vermieter von dem Mieter nicht verlangen, dass dieser die Anfertigung von Fotos in seiner Wohnung duldet, die zur Erstellung von Internetanzeigen verwendet werden sollen. Der Eingriff in die Privatsphäre des Mieters überwiegt das Interesse des Vermieters.

Der Sachverhalt

Die Klägerin (Vermieter) beabsichtigt, die in ihrem Eigentum stehende Wohnung zu veräußern. Der Beklagte (Mieter) lehnte die Anfertigung von Lichtbildern der Innenräume ab. Die Klägerin ist, der Auffassung, dass es der Beklagte dulden müsse, wenn von den Innenräumen seiner Wohnung Lichtbilder gefertigt werden, um diese für ein Exposé und eine Anzeige im Internet zu verwenden. Sie behauptet, dass ihr eine Veräußerung ohne die Lichtbilder in zeitgemäßer Weise nicht möglich sei. Der Mieter ist der Auffassung, dass die Fertigung von Lichtbildern der Innenräume einen unzulässigen Eingriff in seine Privatsphäre darstelle.

Das Urteil des Amtsgerichts Steinfurt (Az. 21 C 987/13)

Der Vermieter hat keinen Anspruch auf Duldung der Fertigung irgendwelcher Fotos aus den an den Beklagten vermieteten Innenräumen. Ein solcher Anspruch besteht nach dem allein in Betracht kommenden § 535 BGB nicht (im Ergebnis LG Frankenthal, Urteil vom 30.09.2009, 2 S 218/09).

Auf Seiten des Vermieters steht das grundrechtlich in Art. 14 GG verbürgte Eigentumsrecht. Auf Seiten des Mieters steht einerseits sein berechtigter Besitz, der ebenfalls vom grundrechtlichen Eigentumsschutz des Art. 14 GG umfasst ist. Darüber hinaus beeinträchtigt die Fertigung und Veröffentlichung von Lichtbildern aus der Wohnung des Mieters diesen in seinem aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG sich ergebenen Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, indem Fotografien aus seiner der Privatsphäre zuzuordnenden Wohnung gefertigt werden. Dies findet seinen Ausdruck auch in dem ebenfalls betroffenen Art. 13 GG, der die Unverletzlichkeit der Wohnung gewährleistet.

Es ist zu berücksichtigen, dass der Eingriff in die Privatsphäre durch die beabsichtigte Veröffentlichung im Internet nicht unerheblich ist, da die Fotografien damit einer unbestimmten Vielzahl von Betrachtern zugänglich gemacht werden. Demgegenüber weist der Eingriff in das grundrechtlich geschützte Verwertungsrecht eine geringere Intensität auf. Auch wenn ein wesentlicher Teil der zu veräußernden Wohnungen mittlerweile über die allgemein bekannten Internetportale inseriert wird, geht es doch entschieden zu weit, eine Wohnung für fast unverkäuflich zu erklären, wie es die Vermieterin macht, wenn diese nicht mit Fotos im Internet angeboten wird.

Insgesamt ergibt sich für den konkreten Fall aus den vorgenannten Gründen ein Vorrang der Interessen des beklagten Mieters. Denn dieser wird durch die Fertigung und insbesondere Veröffentlichung der Fotos in seiner Privatsphäre nicht unerheblich betroffen, während die Klägerin lediglich geringfügig in ihrem Eigentum eingeschränkt wird.

Gericht:
Amtsgericht Steinfurt, Urteil vom 10.04.2014 - 21 C 987/13

AG Steinfurt
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