Der BGH hat in seiner Entscheidung (Az. VIII ZR 352/12) Bedenken geäußert, ob Quotenabgeltungsklauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB grundsätzlich standhalten können.

Zur Sache

Der unter anderen für Wohnraummietrecht zuständigen VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage der Wirksamkeit einer in einem Mietvertrag enthaltenen vorformulierten Quotenabgeltungsklausel zu entscheiden; auf deren Grundlage verlangt der Vermieter von dem Mieter, der weder während der gut dreijährigen Mietzeit noch bei Auszug Renovierungsarbeiten vorgenommen hatte, Zahlung eines Anteils der nach Beendigung des Mietverhältnisses anfallenden Kosten für die Durchführung von Schönheitsreparaturen.

In dieser Sache fand am 13. November 2013 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Am 22. Januar 2014 hat der Senat beschlossen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen; zu deren Vorbereitung hat der Senat den Parteien einen rechtlichen Hinweis gegeben. Die Parteien haben Gelegenheit, dazu binnen sechs Wochen Stellung zu nehmen. Danach wird ein neuer Termin zur mündlichen Verhandlung von Amts wegen bestimmt werden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.01.2014 - VIII ZR 352/12

[...]

Es soll erneut in die mündliche Verhandlung eingetreten werden.

Gründe

Aufgrund der nach der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beratung haben sich für den Senat folgende bislang nicht (ausreichend) erörterte Fragen ergeben.

1. Im Urteil vom 26. September 2007 (VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632) hat der Senat Bedenken geäußert, ob eine Quotenabgeltungsklausel bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassener Wohnung der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält. Er hat diese Zweifel damit begründet, dass entweder - wenn der Mieter während der Mietzeit keine Schönheitsreparaturen durchgeführt hat - sich am Ende der Mietzeit nicht feststellen lässt, in welchem Umfang die Abnutzung durch den Mieter selbst und wie weit sie durch den Vormieter herbeigeführt worden ist, oder der Mieter - wenn er im Laufe seiner Mietzeit renoviert hat - doppelt belastet wird, indem er zusätzlich zu dem Schönheitsreparaturaufwand eine Kostenquote zu tragen hat, obwohl beziehungsweise weil er die von ihm (jedenfalls auch zur Beseitigung der Abnutzung durch den Vormieter) vorgenommenen Dekorationsarbeiten noch nicht vollständig abgenutzt hat (Senatsurteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, aaO Rn. 20).

Dahinter steht der Gedanke, dass es eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellen könnte, wenn der Mieter die Kosten für die Beseitigung von Gebrauchsspuren (mit) zu tragen hat, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht hat (Senatsurteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, aaO Rn.17).

Wenn diese Bedenken - entgegen dem Rechtsentscheid des Senats vom 6. Juli 1988 (VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 84 ff.) - für durchgreifend erachtet würden, käme es im Streitfall darauf an, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben wurde. Zu dieser zwischen den Parteien streitigen Tatsache hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

Die dargestellte Argumentation könnte zur Folge haben, dass bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassener Wohnung - entgegen dem Rechtsentscheid des Senats vom 6. Juli 1988 (VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 79 ff.) - auch bereits die Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen als den Mieter unangemessen benachteiligend anzusehen wäre. Denn auch durch eine solche Klausel würde der Mieter zur Beseitigung von Gebrauchsspuren verpflichtet, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht hat.

2. Unabhängig von den Erwägungen unter 1 stellt sich dem Senat die grundsätzliche Frage, ob Quotenabgeltungsklauseln der Inhaltskontrolle unter einem anderen Gesichtspunkt überhaupt standhalten können.

Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 26. September 2007 (VIII ZR 143/06, aaO Rn.15 ff.) im Anschluss an den Rechtsentscheid des Senats vom 6. Juli 1988 (VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 79 ff.) eine Quotenabgeltungsklausel über eine vom Vermieter renoviert überlassene Wohnung für unbedenklich gehalten, wenn sie eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustands der Wohnung in der Weise ermöglicht, dass für die Berechnung der Quote das Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum nach Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen maßgeblich ist, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde (Senatsurteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, aaO Rn. 17 f., 29).

Es ist jedoch fraglich, ob sich auf der Grundlage des tatsächlichen Zustands der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses eine realistische Feststellung dazu treffen lässt, welcher hypothetischen Nutzungsdauer bei "normaler" Nutzung der bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehende Abnutzungsgrad der einzelnen Wohnräume entspricht und ob darüber hinaus eine empirische Prognose über den (hypothetischen) Zeitpunkt des voraussichtlich eintretenden Renovierungsbedarfs bei unterstellter Fortdauer des tatsächlichen Nutzungsverhaltens des Mieters zuverlässig möglich ist oder ob dies nicht vielmehr einer Fiktion gleichkommt. Darin könnte eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gesehen werden. Auf die Frage, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert überlassen wurde, käme es dann nicht an.

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Gericht:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.01.2014 - VIII ZR 352/12

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