Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil entschieden, dass eine vorübergehende Erhöhung der Belastung durch Verkehrslärm, die sich in den üblichen Grenzen hält, nicht zur Mietminderung berechtigt, wenn bei Abschluss des Mietvertrages eine geringe Lärmbelastung nicht erkennbar ein Entscheidungskriterium des Mieters war.

In seinem Urteil hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen angenommen werden kann, dass Vermieter und Mieter stillschweigend die bei Vertragsabschluss gegebene geringe Belastung durch Verkehrslärm als vertragsgemäßen Zustand der Wohnung vereinbart haben, mit der Folge, dass die Miete bei einer Zunahme des Verkehrslärms gemindert sein kann.

Der Sachverhalt

Seit 2004 wohnen die Mieter in einer Wohnung in der Schlossallee in Berlin. Von Juni 2009 bis November 2010 wurde der Verkehr über die Schlossallee umgeleitet, weil auf der gesamten Länge einer anderen Straße umfangreiche Straßenbauarbeiten durchgeführt wurden. Die Mieter minderten wegen der hierdurch gestiegenen Lärmbelastung die Miete ab Oktober 2009.

Die Vermieterin nahm die Mieter auf Zahlung rückständiger Miete für den Zeitraum von Oktober 2009 bis November 2010 in Höhe von insgesamt 1.386,19 € nebst Zinsen in Anspruch. Das Amtsgericht gab der Klage der Vermieterin statt. Auf die Berufung der beklagten Mieter hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und - unter Klageabweisung im Übrigen - die Verurteilung der Mieter auf Zahlung von 553,22 € nebst Zinsen ermäßigt. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Vermieterin hatte Erfolg.

Das Urteil des Bundesgerichtshof

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil entschieden, dass es für die Annahme einer stillschweigend geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung nicht ausreicht, dass der Mieter bei Vertragsabschluss die verhältnismäßig geringe Belastung durch Verkehrslärm als vorteilhaft wahrnimmt und er sich (möglicherweise) auch deswegen zur Anmietung der Wohnung entscheidet. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermieter erkennt oder erkennen musste, dass der Mieter die vorhandene geringe Lärmbelastung als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Zustand der Wohnung ansieht, und dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert.

Stillschweigend geschlossene Beschaffenheitsvereinbarung nicht ausreichend

Aus den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung. Für die Bestimmung des vertragsgemäßen Zustands der Wohnung ist im Streitfall daher die Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung des Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben maßgebend. Danach stellt sich die vorübergehende Erhöhung der Lärmbelastung nicht als ein zur Minderung berechtigender Mangel der Wohnung dar. Denn die von den Beklagten vorgetragenen Lärmwerte stellen nach den Feststellungen der Vorinstanzen nach den im Berliner Mietspiegel 2009 ausgewiesenen Werten keine hohe Belastung dar. Aus diesem Grund haben die Beklagten die (erhöhte) Lärmbelastung redlicherweise hinzunehmen.

Lärmbelastung bewegt sich innerhalb der in Berliner Innenstadtlagen üblichen Grenzen

Für die Annahme des Berufungsgerichts, die vereinbarte Miete sei ab dem siebten Monat nach Eintreten der erhöhten Lärmbelastung gemindert, ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Denn eine vorübergehende erhöhte Lärmbelastung stellt unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer jedenfalls dann, wenn sie sich - wie hier - innerhalb der in Berliner Innenstadtlagen üblichen Grenzen hält, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel nach § 536 BGB dar. Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 536 BGB: Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.12.2012 - VIII ZR 152/12

Vorinstanzen:
Amtsgericht Pankow/Weißensee, Urteil vom 22.03.2010 - 8 C 413/10
Landgericht Berlin, Urteil vom 17.04.2012 - 65 S 181/11

BGH, PM Nr. 214/2012
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