Ein formularmäßiger Kündigungsausschluss ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren - gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann - überschreitet.

Der Sachverhalt

Mieter und Vermieter hatten am 27.Juni 2005 einen zum 1. Juli 2005 beginnenden Mietvertrag abgeschlossen, der einen vierjährigen Kündigungsverzicht für beide Seiten beihaltete. Erst nach Ablauf der vier Jahre sollte eine Kündigung unter Berücksichtigung gesetzlicher Kündigungsfristen möglich sein.

Konkret enthielt der Vertrag folgende Formulierung:

1. Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und beginnt am 1. Juli 2005.

2. Die Parteien verzichten in Übereinstimmung mit BGH-Urteil AZ. VIII ZR 27/04 wechselseitig auf die Dauer von 4 (vier) Jahren ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Mietvertrages. Eine Kündigung ist erstmals nach Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig.

3. Sollte sich für den Mieter die Notwendigkeit ergeben, vor Ablauf der vier Jahre gemäß Ziffer 2. auszuziehen, ist er berechtigt gemäß Individualvereinbarung, welche dem vorliegenden Vertrag ergänzend beigefügt ist, einen zumutbaren Nachmieter zu stellen.


Die Mieter kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom 12. Februar 2009 zum Ablauf des 30. Juni 2009. Der Vermieter akzeptierte die Kündigung nicht und die Sache kam vor Gericht.

Die Entscheidung

In Standard-Formularmietverträgen darf das Kündigungsrecht für Mieter maximal für einen Zeitraum von vier Jahren ausgeschlossen werden. Die Karlsruher Richter begründeten ihr Urteil mit einer unangemessenen Benachteiligung und unzumutbaren Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Mieters, die ein langfristiger Kündigungsausschluss bzw. Kündigungsverzicht per vorformulierter Vertragsbedingung mit sich bringe. Ein Kündigungsausschluss sei überhaupt nur wirksam, wenn er für den Mieter „ertragbar“ und in zeitlicher Hinsicht überschaubar sei. Der BGH legte diesen Zeitraum mit einer Dauer von maximal vier Jahren fest, allerdings vom Beginn bis zum Ende des Mietverhältnisses. Etwaige Kündigungsfristen seien in dieser Zeitspanne bereits eingerechnet.

Mieterbund begrüßt das Urteil


Beim Deutschen Mieterbund (DMB) stieß der Richterspruch auf Zustimmung. Die Entscheidung sei für hunderttausende Mieterhaushalte von großer Bedeutung, kommentierte DMB-Direktor Lukas Siebenkotten das Urteil. Kündigungsausschlüsse seien echte Mieterfallen. Er begrüße daher die notwendige Klarstellung, „dass in einem typischen Formularmietvertrag das Kündigungsrecht für Mieter höchstens vier Jahre lang ausgeschlossen werden darf“, so Siebenkotten weiter. Auch die Präzisierung zweier strittiger Punkte - die Vierjahresfrist beginne mit der Vertragsunterzeichnung, nicht dem Vertragsbeginn sowie die Kündigung zum Ende der Vierjahresfrist, nicht erst danach - sei wichtig.

Standardmietvertrag oder Individualvereinbarung?

Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob es sich bei dem Kündigungsausschluss in § 2 Nr. 2 des Mietvertrags um eine Individualvereinbarung oder eine Formularklausel handelt. Hierauf kommt es aber entscheidend an, weil im Wege einer Individualvereinbarung außerhalb der Staffelmiete auch ein Kündigungsausschluss für einen Zeitraum von mehr als vier Jahren wirksam vereinbart werden kann (vgl. Senatsurteile vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 81/03, NJW 2004, 1448 unter II, sowie vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 98/10, juris Rn. 25). Der Rechtsstreit ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Vorinstanzen:
AG Nettetal, Entscheidung vom 24.08.2009 - 17 C 108/09
LG Krefeld, Entscheidung vom 17.03.2010 - 2 S 53/09

Gericht:
BGH, 08.12.2010 - VIII ZR 86/10

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