Der Betreiber eines Bewertungsportals macht sich die Bewertung eines Nutzers bereits dann zu eigen, wenn er diese auf Rüge des Betroffenen prüft und diesem sodann mitteilt, "strittige Tatsachenbehauptungen" habe er entfernt, so dass die Bewertung nunmehr den Nutzungsrichtlinien des Portals entspreche.

Der Sachverhalt

Ein Orthopäde musste auf einem Bewertungsportal eine miserable Bewertung feststellen. Die Aussagen entsprachen nicht der Tatsachen und der Orthopäde beschwerte sich bei dem Portalbetreiber. Dieser änderte daraufhin die Bewertung des Nutzers, indem er die strittigen Textpassagen löschte. Nach Auffassung des Betreibers entsprach die geänderte Bewertung nunmehr den "Nutzungsrichtlinien und rechtlichen Vorgaben". Damit war der Orthopäde nicht einverstanden und klagte auf Unterlassung.

Die Entscheidung

Nach Urteil des Oberlandesgerichts Dresden (Az. 4 U 1403/17) hat der Kläger einen Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, 2, § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.  Die angegriffenen Äußerungen hat sich die Portalbetreiber zu eigen gemacht, so dass sie als unmittelbarer Störer anzusehen ist.  Die Äußerungen sind unter Abwägung der betroffenen Interessen als rechtswidrig anzusehen.

Maßstäbe

Unmittelbarer Störer ist ein Portalbetreiber nur dann, wenn es sich bei der angegriffenen Bewertung um eigene Informationen handelt (§ 7 Abs. 1 TMG), wobei zu den eigenen Informationen eines Portalbetreibers auch solche gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat. Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus objektiver Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist.

Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, Urteile VI ZR 34/15, VI ZR 144/11, VI ZR 210/08).  Für ein Zu-Eigen-Machen spricht es aber, wenn der Portalbetreiber eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt (BGH, Urteil vom 04. April 2017 - VI ZR 123/16).

Portalbetreiber hat sich die Äußerungen zu eigen gemacht

Nach diesen Maßstäben hat sich der Beklagte die Äußerungen zu eigen gemacht. Der Beklgte hat auf die Rüge des Klägers hin die Aussagen inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen, indem er selbständig - insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten - entschieden hat, den ursprünglich enthaltenen Hinweis auf die Kosten von 105,- € für die Behandlung zu streichen. Damit hat er die Rolle eines neutralen Vermittlers verlassen und eine aktive Rolle übernommen und darüber hinaus eine selbständige Einschätzung zu der Gesamtbewertung im Übrigen vorgenommen und sich - trotz der Einwände des Klägers und ohne Rücksprache mit dem Patienten - für die Beibehaltung der Äußerung entschieden. Damit muss sie sich die gesamte Aussage zurechnen lassen.

Gericht:
Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 06.03.2018 - 4 U 1403/17

OLG Dresden
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