Mit der Aufhebung des Koppelungverbotes wurden die Möglichkeiten für gewinnspielbasierte Marketingmaßnahmen erheblich vergrößert. Gleichzeitig muss jedoch weiterhin eine Vielzahl von Regeln beachtet werden. Was alles zu beachten ist, finden Sie im folgenden Beitrag der Schwenke und Dramburg Rechtsanwälte.

Die Regeln für Gewinnspiele sind erheblich gelockert worden. Bisher galt der ausnahmslose Grundsatz, dass Gewinnspielchancen nicht vom Waren- oder Dienstleistungserwerb abhängig gemacht werden dürfen. Dieses so genannte grundsätzliche "Koppelungsverbot" hat der Bundesgerichtshof aufgehoben (BGH Urteil v. 05.10.2010, Az.: I ZR 4/06).

Damit wurde der Weg für eine Fülle an neuen Marketingmaßnahmen geschaffen. So können zum Beispiel erst jetzt Sach- oder Geldpreise unter E-Shop-Käufern verlost werden. Jedoch haben die Richter betont, dass bestimmte Grenzen eingehalten werden müssen.

Lesen Sie daher im Folgenden, welche Regeln nunmehr bei Gewinnspielen zu beachten sind, damit Abmahnungen von Wettbwerbszentralen oder Konkurrenten vermieden werden.

Koppelung des Gewinns an den Warenabsatz

Diese Koppelung ist nun nach über 50 Jahren nicht mehr verboten. Doch nur, wenn die Verbindung zwischen dem Absatz und dem Gewinnspiel nicht irreführend ist oder gegen die “berufliche Sorgfalt” verstößt. Die nachfolgenden Punkte zeigen, wann das der Fall sein kann.

Dabei dürfen Verbraucher durch ein Gewinnspiel nicht zur Unvernunft verleitet werden sowie Entscheidungen treffen, die wirtschaftlich unsinnig wären und welche sie sonst nicht getroffen hätten.

Spiellust nicht ausnutzen

Die Teilnehmer dürfen nicht wegen der Lust am Spiel zum Kauf verleitet werden. Das wird dann der Fall sein, wenn der Reiz "es doch noch Mal zu versuchen" angestachelt wird. So wurde z.B. das Auswürfeln eines Rabatts als Ausnutzung der Spiellust gewertet.

In der eingangs erwähnten Entscheidung hielt der BGH es jedoch für zulässig, dass die Kunden für je 5 Euro Einkaufswert einen Bonuspunkt erhielten und ab 20 Punkten auf einem Lottoblock 6 Zahlen ankreuzen konnten.

Keinen psychologischen Kaufzwang ausüben

Es ist nicht erlaubt schlechtes Gewissen, Angst oder sonstige geistige Zwänge, zum Erwerb einer Ware oder Dienstleistung auszunutzen. Zum Beispiel wäre es gefährlich beim Kauf ein Gewinnspiel anzubieten, bei dem die Chance besteht eine Spende für eine Hilfseinrichtung zu gewinnen.

Auch das Ausnutzen einer finanziellen Notlage ist nicht zulässig. So könnte eine Werbung, die sich an eher ärmere Bevölkerungsschichten richtet und die Chance auf einen Kaufpreiserlass bietet, schnell rechtswidrig sein.

Nicht über den Wert des Gewinns oder Zusatzkosten täuschen

Es ist insbesondere nicht erlaubt über den Wert des Gewinns zu täuschen. Unter Umständen können den Veranstalter daher Aufklärungspflichten treffen, zum Beispiel wenn das zu gewinnende MacBook ein altes Modell ist. Ebenfalls muss über Zusatzkosten aufgeklärt werden. So dürfen die anfallenden Anreisekosten bei Verlosung eines Luxusurlaubs nicht verschwiegen werden.

Nicht mit vorgeblichen Gewinnzusagen werben

Wer Gewinne verspricht, der muss sie auch leisten. Das gilt zumindest dann, wenn das Gewinnversprechen nicht erkennbar als Werbung an die Allgemeinheit zu erkennen ist. Bei einem “Sie sind der 999.999 Besucher dieser Website und haben gewonnen” ist das laut Gerichten zu erkennen, bei einer solchen Ansage in einer Email würde dagegen eine Pflicht zur Leistung des Gewinns entstehen. Dazu kann eine solche Irreführung auch noch strafbar sein.

Klare und eindeutige Teilnahmebedingungen

Die Teilnehmer dürfen nicht in die Irre geführt und müssen über die wesentlichen Punkte des Gewinnspiels aufgeklärt werden. Dazu gehören insbesondere:

* wer teilnehmen darf (z.B. keine Minderjährigen)
* Beginn und Ende
* genaue Beschreibung, was zu gewinnen ist
* Angaben, wann die Preise ausgelost werden (falls nicht direkt nach dem Ende)
* Regeln, nach denen die Gewinner bestimmt werden
* Regeln, wie die Gewinne zu den Gewinnern gelangen
* Datenschutzhinweise

Nutzung der Teilnehmerdaten für Werbezwecke

Eine Teilnahme am Gewinnspiel führt nicht automatisch dazu, dass man die Teilnehmerdaten für Werbezwecke, zum Beispiel einen Newsletter, nutzen darf. Bei Onlinegewinnspielen müssen die Teilnehmer dem ausdrücklich zustimmen, zum Beispiel durch Bestätigung eines entsprechenden Kontrollkästchens.

Das Verstecken der Hinweise auf folgende Werbung in den Teilnahmebedingungen oder ein vorangehaktes Kontrollkästchen sind nicht ausreichend! Wir empfehlen dazu unseren Beitrag: Rechtliche Fallstricke im Email-Marketing

Des Weiteren müssen die Teilnehmer über folgende Punkte belehrt werden:

* Art von Werbung (z.B. Informationen über neueste Produkte)
* Werbekanal (Email, Telefon – beide bedürfen jeweils gesonderter Zustimmung)
* Versender der Werbung (z.B. der Gewinnspielveranstalter oder andere konkret benannte Unternehmen)
* Widerspruchsrecht

Ferner dürfen Gewinnbenachrichtigungen (auch die "Schade, diesmal leider nicht gewonnen"-Emails) ohne Einwilligung ebenfalls keine Werbung enthalten.

Aufpassen bei Koppelung von Gewinnspielen an Zusendung von Werbung

Bisher war es stark umstritten, ob man ein Gewinnspiel z.B. vom Empfang eines Newsletters abhängig machen kann. Nach der neuen Rechtslage wird das unter den folgenden Bedingungen erlaubt sein:

* Die Teilnehmer werden schon zum Anfang des Gewinnspiels über die Koppelung belehrt (und nicht erst im zweiten Schritt, wenn sie schon alle Daten eingegeben haben).
* Die Teilnehmer stimmen der Nutzung ihrer Daten für Werbezwecke ausdrücklich zu (s.o.).
* Die Teilnehmer werden über Ihr Widerspruchsrecht belehrt.

Über nicht notwendige Angaben aufklären


Bei Gewinnspielen dürfen grundsätzlich nur so viele Daten erhoben werden, wie für das Gewinnspiel nötig sind. Das kann zum Beispiel die Emailadresse für die Benachrichtigung oder die Postadresse für die Zusendung des Gewinns sein.

Werden zusätzliche Daten verlangt, muss

* darauf hingewiesen werden, dass diese freiwillig sind und
* wofür diese Daten benötigt werden.

Zum Beispiel, "wir fragen nach dem Geburtsdatum, um unsere künftigen Gewinnspiele besser an den Teilnehmern auszurichten."

Datenschutz der Teilnehmer beachten

Wer an einem Gewinnspiel teilnimmt, erklärt sich nicht automatisch damit einverstanden, dass sein Name im Fall des Gewinns veröffentlicht wird.

Namen von Gewinnern dürfen nur dann veröffentlicht werden, wenn

* deutlich darauf in den Teilnahmebedingungen hingewiesen wurde, oder
* die Veröffentlichung anonym erfolgt, zum Beispiel “Mieke K aus B”.

Achtung bei Minderjährigen

Minderjährige werden vom Gesetz als besonders schützenswert erachtet. Das heißt, dass eine Kopplung eines Gewinnspiels an einen Warenkauf, die bei Erwachsenen zulässig wäre, bei Kindern unzulässig sein kann. Dasselbe gilt für das Ausnutzen der Spiellust. Denn Kinder können den wirtschaftliche Reichweite Ihrer Entscheidungen oft nicht einschätzen. So könnten sie zum Beispiel Dinge kaufen, die sie gar nicht brauchen, um einen exklusiven Pokéball zu gewinnen. Das gilt ganz besonders für Minderjährige unter 14 Jahren.

Daher empfehle ich,

* Gewinnspiele bei Minderjährigen nicht an den Erwerb von Waren zu koppeln, sowie
* das Teilnehmeralter einzuschränken.

Ferner dürfen die Gewinne für die jeweiligen Teilnehmerkreise nicht jugendgefährdend sein.

Keine Glücksspiele veranstalten

Bei einem erlaubnisfreien Gewinnspiel kann man höchstens eine Chance verlieren. Von einem Glücksspiel spricht man dagegen, wenn bei einem Gewinnspiel der Einsatz verloren gehen kann.

So wäre eine Möglichkeit die erworbenen Waren in einem Gewinnspiel zu verdoppeln grundsätzlich zulässig. Könnte man die Waren auch verlieren, würde es sich um ein Glücksspiel handeln. Und wer Glücksspiele ohne Genehmigung betreibt, macht sich strafbar.

Hausregeln der Social Media Plattformen (Facebook) beachten

Gewinnspiele erfreuen sich insbesondere auf Facebook einer sehr großen Beliebtheit. Da sie aber gleichzeitig auch Missbrauchspotential bergen, müssen die Hausregeln beachtet werden. Diese sind zum Teil strenger als die Gesetze.

So verbietet Facebook neben vielen anderen Regeln in den “Richtlinien für Promotions” die Teilnahme am Gewinnspielen gegen den Klick auf den “Like”-, bzw. “Gefällt mir”-Button. Auch wenn dies gesetzlich nunmehr zulässig wäre. Mehr dazu finden Sie im Kapitel 9 unseres gratis E-Books “Rechtliche Stolperfallen beim Facebookmarketing“.

Fazit

Mit der Aufhebung des Koppelungverbotes wurden die Möglichkeiten für gewinnspielbasierte Marketingmaßnahmen erheblich vergrößert. Gleichzeitig muss jedoch weiterhin eine Vielzahl von Regeln beachtet werden, von denen viele sehr schwammig formuliert sind und eine Kenntnis der Rechtslage erfordern.

Wie bei allen Änderungen werden erst die Zukunft und kommende Gerichtsentscheidungen zeigen, wo die genauen Grenzen der neuen Freiheiten liegen.

Übrigens, der Hinweis "Der Rechtsweg ist ausgeschlossen" ist überflüssig. Zwar sind Spielschulden Ehrenschulden, aber damit sind nicht kommerzielle Gewinnspiele gemeint. Wer versprochene Gewinne vorenthält oder Teilnehmer täuscht, wird von diesen oder von Wettbewerbern trotz des Hinweises abgemahnt werden können. Oder wie es in der Wikipedia steht:

Gelegentlich ist dieser Hinweis auch Teil unseriöser Geschäftspraktiken, mit denen Unternehmen versuchen, Verbraucher von der Durchsetzung ihrer Interessen auf dem Rechtsweg abzuhalten.

(Den ganzen, ausführlichen Beitrag zum Thema finden Sie bei uns im Blog unter www.spreerecht.de/wettbewerbsrecht/2011-05/rechtsweg-nicht-ausgeschlossen-alles-was-sie-ueber-die-neue-regelung-bei-gewinnspielen-wissen-muessen)


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