Ein zweiwöchiges Wechselmodell ist mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, wenn das Kind durch den ständigen Wechsel belastet wird und keine Stabilität erfahren kann. Ein derartiges Modell setzt die Fähigkeit der Eltern voraus, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren.

Das Oberlandesgericht Koblenz hat in einem familienrechtlichen Umgangsverfahren entschieden, dass ein sogenanntes Betreuungs-Wechselmodell die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraussetzt, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Das Modell ist mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, wenn das Kind durch den ständigen Wechsel belastet wird und es keine Stabilität erfahren kann.

Der Fall:

Die Antragstellerin und der Antragsgegner, die jeweils im Raum Mainz wohnhaft sind, haben zwei gemeinsame Kinder im Kindergarten- bzw. Grundschulalter. Seit Oktober 2008 leben die Eltern räumlich getrennt, ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Anlässlich des Auszugs des Antragsgegners vereinbarten die Eltern ein zweiwöchiges Wechselmodell im Verhältnis von 8:6 Tagen, wonach die Kinder in der ersten Woche von Montagmorgen bis Donnerstagnachmittag bei der Mutter und von Donnerstagnachmittag bis Montagmorgen bei dem Vater und in der zweiten Woche von Montagmorgen bis Mittwochmorgen bei der Mutter, von Mittwochnachmittag bis Freitagmorgen beim Vater und von Freitagnachmittag bis Montagmorgen bei der Mutter betreut wurden. Nach jeweils zwei Wochen wechselten die Aufenthaltszeiten.

Mutter begehrt Aufenthaltsschwerpunkt bei ihr

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die bisherige Umgangsregelung habe sich nicht bewährt. Die Kinder seien durch den permanenten Wechsel stark belastet und zeigten Verhaltensauffälligkeiten. Sie begehrt ein Umgangsmodell mit einem Aufenthaltsschwerpunkt der Kinder bei ihr.

Der Antragsgegner ist hingegen der Ansicht, das Wohl der Kinder erfordere, dass diese zu gleichen Teilen Kontakt zu beiden Elternteilen haben. Er strebt deshalb ein einfacheres Wechselmodell in der Weise an, dass sich die Kinder wöchentlich abwechselnd bei ihm beziehungsweise bei der Kindesmutter aufhalten.

Entscheidung des Amtsgerichts

Das Amtsgericht - Familiengericht - Mainz hat das Umgangsrecht im Wesentlichen dahingehend geregelt, dass sich die Kinder grundsätzlich im Haushalt der Mutter aufhalten und der Vater das Recht hat, die Kinder jede 1., 2. und 4. Woche eines Monats in der Zeit von Donnerstagnachmittag bis Montagmorgen sowie in den Ferien in deutlich überwiegenden Zeiträumen zu sich zu nehmen.

Beschwerde gegen die Entscheidung

Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Der zuständige 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt und die Beteiligten, soweit sie hiermit einverstanden waren, angehört. Durch Beschluss vom 12. Januar 2010 hat der Familiensenat die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und eine andere Umgangsregelung getroffen. Danach haben die Kinder ihren Aufenthaltsschwerpunkt bei der Kindesmutter. Der Kindesvater hat das Recht, die Kinder jeweils Donnerstagnachmittags bis Freitagmorgens sowie alle 14 Tage von Donnerstagnachmittags bis zum darauf folgenden Montagmorgen zu sich zu nehmen. Ferner hat der Vater in den Ferien sowie an Weihnachten und Ostern ein mit der Kindesmutter zeitlich gleichrangiges Umgangsrecht.

Wechselmodell bringen erhebliche Nachteile für das Kind

Der Senat hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Fortsetzung des Wechselmodells nicht (mehr) dem Wohl der Kinder entspreche. Den Vorteilen eines Wechselmodells stünden erhebliche Nachteile für das Kind gegenüber. Die mit dem regelmäßigen Wechsel verbundenen Belastungen erforderten ein hohes Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Eltern und der Kinder. Das Betreuungs-Wechselmodell setze deshalb die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraus, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Gegen den Widerstand eines Elternteils könne das Wechselmodell nicht funktionieren.

Diese Grundvoraussetzungen hat der sachverständig beratene Familiensenat im vorliegenden Fall nicht als erfüllt angesehen. Das Wechselmodell habe für die Kinder mit sich gebracht, dass für sie ein Lebensmittelpunkt fehle. Sie seien besonderen Belastungen ausgesetzt. Zwischen den Eltern bestehe ein hohes Konfliktpotential. Eine reibungslose Kommunikation und Verständigung über die Belange der Kinder sei zwischen ihnen nicht möglich. Die Kindesmutter wolle an dem Wechselmodell nicht mehr festhalten. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies rechtsmissbräuchlich und aus eigennützigen Motiven erfolge.

Dem Wohl der Kinder entspreche hier eine Umgangsregelung, bei der die Kinder, ausgehend von einem Lebensmittelpunkt bei der Antragstellerin, den Antragsgegner regelmäßig und häufig sehen, aber mit einem klaren Aufenthaltsschwerpunkt bei der Antragstellerin.

PM des Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 12. Januar 2010 - 11 UF 251/09
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