Der zweite Familiensenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 5. Mai 2008 die bislang ungeklärte und umstrittene Frage entschieden, wie der Unterhalt zu berechnen ist, wenn beide - geschiedener und neuer - Ehepartner arbeiten und Einkommen erzielen.

Nach der seit dem 1.1.2008 geltende Unterhaltsrechtsreform stehen der geschiedene und nunmehrige Ehepartner im Rang gleich (§ 1609 Nr. 3 BGB, Ausnahmen bei Kinderbetreuung und Ehen von langer Dauer, vgl.§ 1609 Nr. 2 BGB), so dass nunmehr im Grundsatz beiden ein gleich hoher Unterhaltsbedarf zusteht.

Der Senat geht davon aus, dass das zur Verfügung stehende Einkommen des Unterhaltspflichtigen und aller Ehepartner addiert und durch die Zahl der Beteiligten (ohne Kinder) geteilt wird. Anschließend wird das jeweilige Erwerbseinkommen des Ehepartners abgezogen, um die konkrete Höhe des individuellen Unterhaltsanspruchs eines Ehepartners zu ermitteln. Berücksichtigt wird ferner das schon bisher übliche „Anreizsiebtel“, das einem Erwerbstätigen einen Vorwegabzug von einem Siebtel seines Einkommens ermöglicht. Auch werden bei der Berechnung des Einkommens Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern vorweg abgezogen, weil diese im Rang den Ehegatten vorgehen (vgl. § 1603 Nr. 1 BGB).

Ohne Korrekturen könnte diese Berechnungsweise, etwa bei einem hohen Einkommen des neuen Ehepartners, dazu führen, dass der geschiedene Ehepartner besser als ohne erneute Eheschließung seines früheren Ehepartners stünde. Der Senat hat daher zusätzlich geprüft, welcher Unterhalt dem geschiedenen Ehepartner zu zahlen wäre, wenn der andere nicht erneut geheiratet hätte (Differenzmethode, fiktive Berechnung auf Basis der Steuerklasse 1). Ggfs. ist der Unterhalt dann auf diesen Betrag zu begrenzen.

Die Differenzmethode war bis Ende 2007 die übliche Berechnungsmethode. Allerdings gingen die Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten damals noch denen des nunmehrigen Ehegatten vor. Im Ergebnis führte die alte Berechnung dazu, dass gerade bei geringem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten für den zweiten Ehepartner häufig kein oder nur ein Restbetrag als Unterhaltsanspruch verblieb. Da die Neuregelung des Unterhaltsrechts die Rangverhältnisse der Ehegatten änderte, war die Berechnung nach Überzeugung des Senats anzupassen. Die neue Berechnungsmethode ermöglicht es auch, Fälle mit zwei, drei oder mehr geschiedenen Ehepartner sachgerecht zu lösen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Polizeibeamter aus erster Ehe drei Kinder (zwischen 12 und 22 Jahren) und lebte in zweiter Ehe mit zwei Kindern (6 und 9 Jahre). Beide Ehefrauen erzielten eigenes Einkommen bzw. mussten sich wegen unterlassener Bemühungen um einen Arbeitsplatz fiktiv Einkommen anrechnen lassen.

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (§ 543 Zivilprozessordnung).

(Urteil des 2. Familiensenats vom 5.5.2008, Aktenzeichen II-2 UF 135/06)

§ 1609 BGB in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung lautet:

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,

2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,

3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,

4. Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,

5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,

6. Eltern,

7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 05.05.2008 - II-2 UF 135/06

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