Die Vorliebe eines Elternteils für Sado-Masochismus steht einem gemeinsamen Sorgerecht der getrennt lebenden Erziehungsberechtigten für ihre Kinder nicht entgegen. Solange die sexuelle Veranlagung keine negativen Auswirkungen auf den Nachwuchs hat, ist sie reine Privatsache.

Der Sachverhalt

Wie der Anwalt-Suchservice berichtet, hatte ein getrennt lebendes Ehepaar gerichtlich um das jeweils alleinige Sorgerecht für seine vierjährigen Zwillinge gestritten. Der Mann diffamierte dabei seine Noch-Ehefrau wegen ihrer sexuellen Vorlieben für Sado-Masomachismus.

Die perversen Neigungen der Kindsmutter "beeinträchtigten das Schamgefühl der Zwillinge und sexualisierten sie unangemessen", so der Mann. Seine Frau sei daher in ihrer Erziehungsfähigkeit eingeschränkt, und das Sorgerecht müsse allein ihm zugesprochen werden.

Die Entscheidung

Die sexuelle Neigung eines Elternteils zum Sado-Masochismus sei Privatsache und führe für sich alleine genommen noch nicht zu einer Disqualifikation als Sorgerechtsinhaber, so der Beschluss. Dafür müsste sich der Lebenswandel des Erziehungsberechtigten vielmehr konkret auf das Kindeswohl auswirken. Doch das habe man im vorliegenden Fall nicht feststellen können, so die Richter.

Aus dem Urteil: [...] Die sexuelle Ausrichtung eines Elternteils ist grundsätzlich seine Privatsache, es sei denn sie hat negative Auswirkungen auf das Kind (Salzgeber FamRZ 1995, 1311; AG Mettmann, FamRZ 1985, 528: Übertragung der elterlichen Sorge auf lesbische Mutter). Die sexuelle Veranlagung eines Elternteils ist für sich alleine genommen keine Disqualifikation als Sorgerechtsinhaber. Beurteilungen von Lebenswandel und Moral sind ebenfalls immer nur in ihren Auswirkungen auf das Kind zu beurteilen, was je nach Altersstufe des Kindes unterschiedlich sein kann. Auswirkungen auf das Kindeswohl hat immer nur konkretes Verhalten eines Elternteiles (Salzgeber aaO) [...]

Denn die Frau habe ihr Sexualleben vom Lebensraum ihrer Kinder klar getrennt. Zu diesem Ergebnis sei das Jugendamt gekommen, das wiederholt unangemeldete Hausbesuche bei der Mutter und ihrem neuen Freund unternommen habe. Dabei habe die Behörde keinerlei Hinweise auf eine "sexualisierte Umgebung" finden können. Die Kindeseltern müssten sich trotz der bestehenden Konflikte auch in Zukunft das Sorgerecht für die Zwillinge teilen, so das Gericht.

Gericht:

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 01.02.2006 - 10 UF 147/04

Quelle: www.anwalt-suchservice.de
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