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Heimliche Videoüberwachung von Arbeitnehmern erlaubt?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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„Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser.“ Das denken sich wohl auch viele Arbeitgeber, die auf dem Bürogelände Videokameras installieren und damit heimlich ihre Angestellten überwachen. Entdecken sie beim Durchsehen der Aufnahmen z. B. einen Langfinger, ist eine Kündigung schnell ausgesprochen. Doch ist eine heimliche Videoüberwachung wirklich zulässig oder ist eine darauf beruhende Kündigung vielmehr unwirksam?

Mitarbeiterin beim Stehlen gefilmt?

Eine Verwaltungsangestellte eines Unternehmens wurde dabei gefilmt, wie sie ein Büro, zu dem Kunden keinen Zugang haben, betrat. Dort befand sich ein Tresor, in dem Briefmarken sowie Kundengelder aufbewahrt wurden. Die Beschäftigte hatte sich den Schlüssel für den Geldschrank besorgt, öffnete diesen und entnahm einen Briefumschlag. Danach verließ sie den Raum wieder.

Nach Sichtung des Videos kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich. Schließlich habe sie aus dem Briefumschlag 500 Euro genommen und eingesteckt sowie den Umschlag selbst am Arbeitsplatz einer Kollegin abgelegt. Die Verwaltungsangestellte reichte beim zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage ein. Sie behauptete, sowohl eine fristlose als auch eine ordentliche Kündigung sei unwirksam gewesen. Ihr Arbeitgeber habe sie weder heimlich filmen noch sie allein aufgrund dieser Aufnahmen entlassen dürfen.

Keine heimliche Videoüberwachung erlaubt

Das Arbeitsgericht (ArbG) Frankfurt a. M. kam zu dem Ergebnis, dass der Verwaltungsangestellten nicht wirksam gekündigt worden war.

Schließlich hatte der Arbeitgeber vor Gericht nicht nachweisen können, dass die Beschäftigte eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt hat. Das ist aber eine zwingende Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung.

Zwar existierte ein Video, das die Beschäftigte dabei zeigt, wie sie das betreffende Büro betritt, den Tresor öffnet und den Briefumschlag nimmt. Diese heimlich erstellte Filmaufnahme durfte in der Verhandlung jedoch nicht als Beweismittel herangezogen werden.

Videoaufnahmen bei konkretem Verdacht auf Straftat?

So erlaubt etwa § 32 I 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zwar eine heimliche Videoüberwachung, allerdings muss der Arbeitgeber dann auch schon den konkreten Verdacht haben, dass einer seiner Angestellten eine Straftat begangen hat. Vorliegend hat der Arbeitgeber die Kamera aber immer laufen lassen – und zwar auch schon vor dem Vorfall mit der Beschäftigten und ohne einen Beschäftigten einer Straftat zu verdächtigen.

Videoaufnahmen zum Schutz wertvoller Gegenstände?

Ferner ermöglicht § 32 I 1 BDSG Videoaufnahmen – allerdings nur unter engen Voraussetzungen. So dürfen Beschäftigtendaten bzw. personenbezogene Daten nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn damit z. B. wertvolle Gegenstände des Arbeitgebers geschützt werden können. Hierzu gehört auch das Filmen von Safes oder Tresoren, die unter anderem unternehmensrelevante Unterlagen oder Geldbeträge enthalten.

Videoaufnahmen sind aber auch hier nur zulässig, wenn es kein milderes Mittel gibt, das einen Diebstahl oder eine Beschädigung der wertvollen Gegenstände ebenso verhindern könnte, z. B. indem ein Kassenbuch geführt wird, nur ganz bestimmte Mitarbeiter Zugriff auf den Tresorschlüssel erhalten oder der Tresor nur bei Anwesenheit von mindestens zwei Personen geöffnet werden darf. Schließlich stellt gerade die heimliche Videoüberwachung einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung dar. Denn jedermann darf eigentlich selbst bestimmen, ob er gefilmt oder fotografiert werden möchte. Das gilt vor allem, wenn die Personen – wie vorliegend – auf der Aufnahme deutlich zu erkennen sind.

Weil es vorliegend auch andere Möglichkeiten gegeben hätte, einen etwaigen Diebstahl zu verhindern – indem z. B. nur eine bestimmte Person über den Tresorschlüssel verfügt –, durfte der Arbeitgeber keine heimliche und anlasslose Videoüberwachung durchführen. Die hierdurch gewonnenen Aufnahmen durften daher vor Gericht nicht zulasten der Verwaltungsangestellten verwendet werden.

Weil der Arbeitgeber den angeblichen „Diebstahl“ auch nicht anderweitig – etwa durch Zeugenaussagen – belegen konnte und nicht einmal klar war, ob sich überhaupt 500 Euro in dem Briefumschlag befunden hatten, waren die darauf gestützten Kündigungen unwirksam.

Fazit: Arbeitgeber dürfen ihre Beschäftigten nicht heimlich und ohne einen triftigen Grund per Videokamera überwachen. Darin ist nämlich ein Verstoß gegen das Grundrecht der Gefilmten auf informationelle Selbstbestimmung zu sehen. Von dem „Filmverbot“ gibt es jedoch Ausnahmen, z. B. wenn der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass ein Beschäftigter ihn bestiehlt.

(ArbG Frankfurt a. M., Urteil v. 27.01.2016, Az.: 6 Ca 4195/15)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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