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Verfällt Urlaubsanspruch während Kündigungsschutzprozess?

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

Im Zusammenhang mit dem Urlaubsanspruch bei Kündigung gibt es immer wieder interessante Fallkonstellationen. Dazu gehört beispielsweise der Fall, dass ein Arbeitnehmer gekündigt wird, aber in diesem Jahr noch offene Urlaubsansprüche hat. Gegen die Kündigung erhebt er Kündigungsschutzklage. Ob die Kündigung recht- oder unrechtmäßig war, wird aber erst im neuen Jahr entschieden oder das Urteil wird erst im neuen Jahr rechtskräftig. In einem aktuell vom Landesarbeitsgericht (LAG) München entschiedenen Fall war jetzt die Frage, ob der Urlaubsanspruch verfällt oder nicht.

Änderungskündigung unwirksam

Ein Mann war seit 01.08.1987 bei einer österreichischen Konzerngesellschaft beschäftigt und wechselte seine Stellung intern zum 01.02.2009. Vereinbart war in seinem Arbeitsvertrag ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Am 25.02.2011 erhielt der Mann eine Änderungskündigung zum 30.09.2011, die er nicht annahm. Da er diese Kündigung für rechtswidrig hielt, erhob er Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht (ArbG) München. Beendet wurde das Kündigungsschutzverfahren schließlich durch das LAG München. Dieses stellte mit Urteil vom 14.11.2013 fest, dass die Kündigung bzw. die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen unwirksam war.

Keinen Urlaub beantragt

Im gesamten Jahr 2013 hatte der Mann weder Urlaub beantragt noch Urlaub genommen. Daher wandte er sich am 06.02.2014 per E-Mail an seine Arbeitgeberin und beantragte seinen Resturlaub i. H. v. 30 Tagen aus dem Jahr 2013 für die Zeit vom 17.02.2014 bis 28.03.2014. Diesen Urlaubsantrag lehnte die Chefin des Mannes per E-Mail vom 10.02.2014 mit der Begründung ab, dass beispielsweise über die Genehmigung von Urlaub erst entschieden wird, wenn das Urteil des LAG rechtskräftig ist. Bezüglich des Resturlaubs 2013 schickten schließlich die Anwälte des Mannes im Dezember 2014 einen Brief und am 09.02.2015 eine E-Mail, mit denen sie diesen für den Zeitraum vom 16.02.2015 bis 27.03.2015 beantragten. Mit E-Mail vom 12.02.2015 lehnte die Arbeitgeberin die Urlaubsansprüche mit dem Hinweis ab, dass der Jahresurlaub mit Ablauf des 31.12.2013 verfallen ist.

Klage hatte keinen Erfolg

Das wollte sich der Mann aber nicht gefallen lassen und erhob schließlich Klage beim ArbG München, um feststellen zu lassen, dass er noch seinen Resturlaubsanspruch aus dem Jahr 2013 hat. Die Richter wiesen die Klage jedoch ab. Auch die Berufung vor dem LAG hatte keinen Erfolg.

Urlaubsanspruch ist verfallen

Die Richter des LAG stellten zunächst fest, dass der Jahresurlaub von 30 Tagen aus dem Jahr 2013 mit Ablauf des Jahres 2013 verfallen ist. Denn nach § 7 Abs. 3 S. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist der Urlaubsanspruch immer an das Urlaubsjahr gebunden, sofern keine abweichenden Regelungen aus einem Arbeits- oder Tarifvertrag bestehen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht der Fall. Daher ist der Urlaub aus 2013 am Ende des Jahres 2013 verfallen, sofern keiner der Übertragungsgründe vorliegt, die in § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG genannt sind. In diesem Fall wird der Urlaub auf die ersten drei Monate des neuen Jahres übertragen.

Kein gesetzlicher Übertragungsgrund gegeben

Aufseiten des Mannes lagen keine gesetzlichen Übertragungsgründe vor.
Es lag einerseits kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund vor, der ihn an der Inanspruchnahme seines Urlaubs im Jahr 2013 gehindert hat. Er hätte den Urlaub leicht beantragen und nehmen können.
Andererseits lagen auch keine betrieblichen Gründe vor, die eine Übertragung des Urlaubs in das Jahr 2014 rechtfertigen könnten. Ein noch nicht endgültig entschiedener Kündigungsrechtsstreit stellt jedenfalls kein dringendes betriebliches Erfordernis dar, das eine Übertragung ins Folgejahr rechtfertigt. Der Kläger hätte seinen Jahresurlaub aus 2013 im selben Jahr beantragen müssen.
Aus diesen Gründen ist der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2013 mit dem 31.12.2013 verfallen.

Schadensersatzanspruch steht nicht zu

Schließlich lehnten die Richter des LAG auch noch einen Schadensersatzanspruch des Mannes ab. Sie machten deutlich, dass der Urlaub deshalb verfallen ist, weil der Mann seinen Urlaubsanspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht hat. Auch während eines Kündigungsschutzprozesses ist es möglich und nötig Urlaub zu beantragen. Es ist nicht Aufgabe des Arbeitgebers bei einem Arbeitnehmer, der keinen Urlaubsantrag stellt, nach dessen Urlaubswünschen zu fragen oder einen Urlaubszeitraum von sich aus zu bestimmen. Insgesamt ist damit festzustellen, dass der Arbeitgeber keinen Schadensersatz zahlen muss, denn er hat die Nichtgewährung des Urlaubs aus dem Jahr 2013 nicht zu vertreten.

Da der Kläger seinen Urlaubsanspruch aus 2013 zu spät geltend gemacht hat, ist dieser mit Ablauf des Jahres 2013 verfallen. Somit bleibt auch die Berufung erfolglos.

Fazit: Auch wenn ein Arbeitnehmer gekündigt wurde, muss er seinen Urlaub beantragen, damit dieser nicht verfällt. Der Arbeitgeber muss Urlaub nicht von sich aus gewähren.

(LAG München, Urteil v. 20.04.2016, Az.: 11 Sa 983/15)

(WEI)

Foto(s): ©shutterstock

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