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Vorsicht vor In-App-Käufen und „Pay-by-Call“ über 0900er-Nummern: neue Entscheidung des BGH

  • 4 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

Apps für Smartphones, Tablets und auch den guten, alten PC sind heutzutage ein Milliardengeschäft – und das, obwohl ein großer Teil der digitalen Kost von heute umsonst zu haben ist. Ein Widerspruch ergibt sich daraus allerdings nur auf den ersten Blick. 

Der Grund sind sogenannte „In-App-Käufe“, die erst für klingelnde Kassen sorgen, nachdem der Download schon längst abgeschlossen ist. Denn zahlreiche Apps lassen sich nur im vollen Umfang nutzen, wenn Zusatzfunktionen kostenpflichtig freigeschaltet werden. Ein solcher Fall beschäftigte kürzlich den Bundesgerichtshof (BGH), der nun ein mit Spannung erwartetes Urteil verkündete.

Spielesoftware mit versteckten Kosten kann ein teurer Spaß werden

Es verwundert nicht, dass die Spielebranche bereits vor geraumer Zeit begonnen hat, intensiv von dem lukrativen Trend zur Kostenlos-Software mit Bezahl-Features Gebrauch zu machen. Denn Spiele-Apps, die nur Spaß machen, wenn man kostenpflichtig in den Spielverlauf eingreift, gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. 

So manchen mag dieser Umstand an die klassischen „Groschengräber“ aus Spielhallen erinnern. Allerdings ist moderne Spielesoftware nicht am Ende, wenn der mitgeführte Vorrat an Kleingeld oder Spielmarken aufgebraucht ist. Vielmehr bucht sie weiter fleißig Beträge vom verknüpften Bankkonto ab, sodass in kurzer Zeit beachtliche Beträge zustande kommen können.

Bundesgerichtshof entscheidet über einen Fall von „Pay-by-Call“

So fragwürdig ein derartiges Geschäftsgebaren auch sein mag – grundsätzlich illegal ist es nicht. Es gibt sicherlich auch mehr als genug App-Entwickler, die bei der Implementierung kostenpflichtiger Zusatzinhalte fair und kundenorientiert vorgehen. Allerdings sind auch etliche Negativbeispiele bekannt, deren unseriöse Geschäftspraktiken letztlich die Richter beschäftigten. Was geschehen kann, wenn der Spieltrieb von Halbwüchsigen iTunes-Rechnungen von 7800 US-Dollar verursacht oder Werbung für geldhungrige „Pay to Play“-Spielesoftware gezielt auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet wird, erläutert unser Rechtstipp zum Thema. Auch in dem aufsehenerregenden Fall, über den der Bundesgerichtshof in Karlsruhe unlängst entschied, erwiesen sich In-App-Käufe als teurer Spaß.

Über 1200 Euro Schaden – Teenager schaltet über „Pay-by-Call“ „Credits“ frei

Die Umstände, über die die Karlsruher Richter ihr Urteil zu fällen hatten, sahen allerdings diesmal leicht anders aus: Die Kosten für Zusatzinhalte wurden hier nicht über einen App Store abgeführt. Stattdessen kam das sogenannte „Pay by Call“-Verfahren zum Einsatz, das vorsieht, dass sich In-App-Käufe mithilfe eines Anrufs bei einer kostenpflichtigen Telefonnummer durchführen lassen. Ein durchaus geschickter Schachzug, da App-Riesen wie Google und Apple sich mittlerweile zu stärkeren Repressalien gegen geldhungrige Apps durchgerungen haben und es auf zahlreichen Geräten möglich ist, den Kauf von Inhalten über einen App Store zu deaktivieren. 

Hier nahm ein damals 13-Jähriger an einem Onlinespiel teil und konnte der Versuchung nicht widerstehen, seine Spielfigur mit kostenpflichtigen Ausrüstungsgegenständen einzudecken. Der findige Hersteller hatte die Möglichkeit vorgesehen, auch über das Anrufen einer 0900er-Nummer „Credits“ – sprich, eine virtuelle Währung – freizuschalten. Besagte „Credits“ konnten anschließend zum Erwerb von Gegenständen im Spiel zum Einsatz kommen. 

Der Teenager griff heimlich zum Hörer – insgesamt 21 Mal – und seine Mutter erhielt wenige Wochen später eine Telefonrechnung, auf der Zusatzkosten in Höhe von 1253,93 Euro vermerkt waren. Konsequenterweise weigerte sich die Mutter des 13-Jährigen, die entstandenen Kosten zu zahlen. 

Anbieter verklagt Mutter von 13-Jährigem

Dem Anbieter der Nummer gefiel das jedoch nicht im Geringsten. Er klagte vor dem Amtsgericht Delmenhorst (Urteil vom 12. Mai 2015 – 45 C 5298/13 (VI)) – zunächst mit Erfolg. Die Mutter ließ sich das nicht bieten und ging in Berufung, die jedoch als unbegründet abgewiesen wurde. 

Doch die Beklagte ließ sich nicht entmutigen und legte Revision ein, worauf sich schließlich der Bundesgerichtshof mit dem Fall befassen musste. Hier hatte die Beklagte schließlich Erfolg und die vorangegangenen Urteile des Amtsgerichts (AG) Delmenhorst und des Landgerichts (LG) Oldenburg wurden aufgehoben.

Bundesgerichtshof spricht ein Machtwort: Mutter muss nicht zahlen

Die Karlsruher Richter bezogen sich auf § 45i Abs. 4 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG), demgemäß kein Anspruch auf ein Entgelt für Leistungen eines Telekommunikationsdienstleisters besteht, wenn bewiesen werden kann, dass sie in Wahrheit nicht in Anspruch genommen wurden. Zusätzlich wies der Bundesgerichtshof auf § 675u Bürgerliches Gesetzbuch hin, der vorschreibt, dass bei einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang der fragliche Betrag unverzüglich zurückzuerstatten ist. Eine echte Schlappe für Anbieter des „Pay by Call“-Verfahrens also, von denen zahlreiche in erster Linie das Geschäft mit Kindern und Jugendlichen suchen.

Fazit: Versteckte Kosten durch kostenpflichtige Zusatzinhalte in Apps können weiterhin ein teurer Spaß sein, vor allem bei Spielesoftware. Manche Anbieter ermöglichen es auch, die Gebühren für kostenpflichtige Zusatzinhalte über den Anruf bei einer kostenpflichtigen Telefonnummer zu entrichten. Hier ist also doppelte Vorsicht nötig. Wer jedoch zu Unrecht zur Kasse geboten wird, sollte sich wehren.

(BGH, III ZR 368/16)

(JSC)

Foto(s): Fotolia.com

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