Der Umbau eines Gebäudes zu einer Kindertagesstätte ist in einem allgemeinen Wohngebiet generell zulässig. Der von Kindern in einer solchen Einrichtung auch beim Spielen im Freien verursachte Lärm ist den Eigentümern benachbarter Wohnungen oder Wohngrundstücke in der Regel zumutbar.

Der Sachverhalt

Die Landeshauptstadt Stuttgart (Antragsgegnerin) erteilte einem kirchlichen Träger (Beigeladene) zwei Baugenehmigungen für den Umbau von zwei Gebäuden in einem allgemeinen Wohngebiet in Stuttgart-Bad Cannstatt zu Kindertagesstätten mit insgesamt 860 qm Außenspielfläche für bis zu 80 Kinder bis 6 Jahren und 8 Jugendliche.

Nachbarn legen Widerspruch ein

Hiergegen legten Eigentümer benachbarter Wohnungen oder Wohngrundstücke (Antragsteller) Widersprüche ein, über die das Regierungspräsidium Stuttgart noch nicht entschieden hat. Eilanträge der Antragsteller lehnte das Verwaltungsgericht Stuttgart ab.

Die Entscheidung

Der VGH hat die dagegen eingelegten Beschwerden der Antragsteller mit dem Beschluss überwiegend zurückgewiesen. Einen Teilerfolg erzielten nur zwei Antragsteller. Der VGH ordnete die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine der Baugenehmigungen an.

Kinderlärm

Eine Kindertagesstätte sei in einem allgemeinen Wohngebiet als Anlage für soziale oder gegebenenfalls auch kirchliche Zwecke generell zulässig. Insoweit komme es nach der Baunutzungsverordnung auf eine typisierende Betrachtung nach dem Zweck des Baugebiets an. Allgemeine Wohngebiete dienten nur vorwiegend, aber nicht ausschließlich dem Wohnen. Gerade dort bestehe für Kindergärten und Kindertagesstätten ein unmittelbares Bedürfnis. Die mit der Benutzung solcher Einrichtungen für die nähere Umgebung typischerweise verbundenen Auswirkungen seien ortsüblich, sozialadäquat und in der Bevölkerung allgemein akzeptiert.

Der von den Kindern auch beim Spielen im Freien auf der Außenspielfläche verursachte Lärm belästige die Antragsteller im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise unzumutbar. Das folge bereits daraus, dass Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen seien. Die Antragsteller hätten nicht dargetan, dass die angegriffenen Baugenehmigungen Geräuscheinwirkungen durch Kinder zuließen, die abweichend von diesem Regelfall doch als schädliche Umwelteinwirkungen angesehen werden und eine Sonderprüfung erfordern könnten. Allein aus Lage und Größe der beiden Vorhaben lasse sich ein solcher Sonderfall nicht ableiten.

Abstandflächen

Zweifelhaft sei allerdings, ob eine der Baugenehmigungen mit den nachbarschützenden Vorschriften der Landesbauordnung über Abstandsflächen vereinbar sei. Denn durch den Umbau des Altgebäudes ändere sich dessen Traufhöhe und damit die für die Abstandsfläche erhebliche Wandhöhe. Damit sei eine Gesamtbetrachtung des Gebäudes in seiner neuen Gestalt erforderlich. Insoweit sei die gesetzliche Abstandsfläche nicht eingehalten. Zwar könnten im vorliegenden Einzelfall möglicherweise zugunsten der Beigeladenen eine geringere Tiefe der Abstandsfläche oder eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zugelassen werden. Dazu seien indes weitere Ermittlungen und Prüfungen im Widerspruchsverfahren nötig. Um zu vermeiden, dass zuvor durch den Umbau des betreffenden Gebäudes vollendete Tatsachen geschaffen würden, sei die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs von zwei Antragstellern anzuordnen.

Themenindex:
Kinderlärm, Abstandflächen

Gericht:
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.11.2013 - 8 S 1813/13

VGH Mannheim, PM
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Die Baugenehmigung für den Kinderspielplatz in Diez verletzt Nachbarn nicht in deren Rechten. Der Spielplatz sei gegenüber den Nachbarn nicht rücksichtslos. Kinderlärm sei grundsätzlich keine schädliche Umwelteinwirkung, sondern sozialverträglich. Urteil lesen

Kinderlärm führt immer wieder zu Zwistigkeiten zwischen Eltern, geplagten Nachbarn und dem Vermieter. Kommt es allerdings zum Rechtsstreit, stehen die Richter meist hinter den Familien - sagt Verena Tiemann von der Quelle Bausparkasse und rät, besser vorher miteinander friedlich zu reden. Urteil lesen

Anwohner haben grundsätzlich kein Recht auf Einhaltung der von der Gemeinde festgelegten Zeiten, um Lärm spielender Kinder außerhalb der Nutzungszeiten abzuwehren. Anders sieht es bei einer missbräuchlichen Benutzung des Spielplatzes aus. Urteil lesen

Bei der Beurteilung von Geräuscheinwirkungen die von Kinderspielplätzen ausgehen ist es unzulässig, Immissionsgrenz- und richtwerte heranzuziehen, da die Geräusche im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung darstellen. Kinderlärm sei hinzunehmen, so das Urteil des LG Braunschweig. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de