Der freie Mitarbeiter einer öffentlichen Rundfunkanstalt gründete seine eigene Arbeitnehmerverleih-GmbH und wurde deren Geschäftsführer. Anschließend verlieh er sich selbst an seinen Auftraggeber, um damit die vorgegebenen Einsatzhöchstzahlen für freie Mitarbeiter zu umgehen. Nun klagt er auf Festanstellung bei der Rundfunkanstalt.

Der Sachverhalt

Ein Kameramann war bei einer öffentlichen Rundfunkanstalt ursprünglich als freier Mitarbeiter tätig. Um dort mehr als an maximal 60 Tagen pro Jahr arbeiten zu können, erklärte ihm der Produktionsleiter, eine umfangreichere Beschäftigung sei möglich, wenn der Kameramann über ein Verleihunternehmen mit einer Erlaubnis nach § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ausgeliehen werden könne.

Darauf gründete der Kläger eine GmbH und wurde deren Geschäftsführer. ln dieser Eigenschaft verlieh er in den Folgejahren sich und zwei bis drei weitere Mitarbeiter an die Rundfunkanstalt. Er war ganz überwiegend mit Dreharbeiten für zwei tägliche regionale Nachrichtensendungen des Senders betraut. Später berief sich der Kameramann auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis zur Rundfunkanstalt und forderte erfolglos die entsprechende Beschäftigung und Gehaltszahlung.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil, Az. 1 Sa 439 b/14) hat der Klage auf Feststellung des Arbeitnehmerstatus stattgegeben. Aufgrund des Umfangs der Einsätze, der Art der geschuldeten Arbeit, die wenig Raum für eigene programmgestaltende Tätigkeit lasse und des Einsatzes im Rahmen einer Daueraufgabe, sei der Kläger bei der beklagten Rundfunkanstalt als Arbeitnehmer beschäftigt.

Dass er offiziell über eine Drittfirma "verliehen" wurde, steht dem nicht entgegen, da das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht für den Geschäftsführer der Verleihfirma gilt. Die Vertragsgestaltung sei auf eine Umgehung der zwingenden Arbeitnehmerschutzvorschriften ausgelegt gewesen. Der Kameramann könne sich im Verfahren auch auf die Unwirksamkeit seiner eigenen "Ausleihe" berufen, weil er mit der Konstruktion über die Verleihfirma lediglich durch vermehrte Einsätze bei dem Sender seinen Lebensunterhalt habe bestreiten wollen. Den maßgeblichen Mitarbeitern des Senders war sein Geschäftsführerstatus bekannt, so das Landesarbeitsgericht.

Praxishinweis

"Der Fall ist gleichwohl nicht zur Nachahmung empfohlen", warnt der Präsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons aus Duisburg. Denn zum einen gelte das Urteil nur zwischen den Parteien und beanspruche keine Allgemeingültigkeit. Außerdem könnten schon kleine Abweichungen vom vorliegend entschiedenen Sachverhalt zu ganz anderen Ergebnissen führen. Freie Mitarbeiter, die sich nicht sicher sind, ob sie in Wahrheit nicht Scheinselbständige sind und eventuell.

Gericht:
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 01.12.2015 - 1 Sa 439 b/14

Quelle: Rechtsanwaltskammer Düsseldorf
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