Wenn der Chef private Einträge von Arbeitnehmern in Outlook oder Lotus Notes Terminkalendern heimlich kontrolliert, ist das in der Regel unzulässig. In bestimmten Ausnahmen kann der Arbeitgeber solche Kalendereinträge allerdings zur Begründung einer Kündigung nutzen und ein Gericht kann sie als Beweismittel verwerten.

Hintergrundinformation

Nach einer Mitteilung des D.A.S. Leistungsservice nutzen viele Arbeitnehmer ihre dienstlichen Kalendersysteme wie Outlook oder Lotus Notes auch zur Eintragung privater Termine. Da Mitarbeiter private Termine als solche kennzeichnen können und sie damit für andere tabu sind, sollte dies kein Problem sein. So einfach ist es allerdings nicht.

Eine Grundregel enthält § 32 Bundesdatenschutzgesetz: Danach darf der Chef nur Zugriff auf persönliche Daten von Mitarbeitern nehmen, wenn dies für das weitere Bestehen oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten im Beschäftigungsverhältnis darf er solche Daten nur bei begründetem Verdacht verwenden. Immer müssen dabei eine Interessenabwägung und eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit stattfinden.

Der Sachverhalt

Einer Arbeitnehmerin war aus mehreren Gründen gekündigt worden. Als der Verdacht aufkam, dass sie sich bei ihren Arbeitszeiten im Rahmen der Gleitzeiterfassung nicht korrekt verhalten hatte, nahm der Arbeitgeber heimlich Einsicht in ihren Lotus Notes Terminkalender einschließlich der mit "privat" markierten Termine.

Dabei kam heraus, dass sie an einem Tag nicht auf Dienstreise gewesen war, sondern auf den Bundesjugendspielen an der Schule ihrer Tochter. Dies nutzte der Arbeitgeber zur weiteren Begründung der Kündigung. Die Angestellte verteidigte sich mit dem Argument, dass die Firma nicht auf diese Daten hätte zugreifen dürfen. Weder für die Kündigung noch vor Gericht dürfe das Unternehmen diese verwenden.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mainz (Az. 8 Sa 363/14)

Das Landesarbeitsgericht Mainz erklärte in seinem Urteil (Az. 8 Sa 363/14) die Kündigung für wirksam. Zwar liege hier grundsätzlich ein Verstoß gegen die Datenschutzvorschriften vor. Die heimliche Einsichtnahme in private Kalendereinträge sei hier unverhältnismäßig und damit unzulässig gewesen.

Aus dem Urteil: [...] Vorliegend steht nicht die Berechtigung der Beklagten zur Einsicht in den Kalender an sich in Frage. Der Verstoß gegen § 32 BDSG ist darin zu sehen, dass das "Wie" der Maßnahme milder hätte gestaltet werden können. Betroffen war bei der Einsicht in den gemischt dienstlich und privat genutzten Kalender nicht der absolut geschützte Kernbereich privater Lebensgestaltung, sondern der nur relativ geschützte Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. [...]

Andererseits habe die leitende Mitarbeiterin damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber in ihren dienstlichen Kalender schaue - zum Beispiel im Fall einer Erkrankung. Der Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht sei nicht besonders schwerwiegend. Demgegenüber sei ein Arbeitszeitbetrug ein schwerer Vertrauensbruch. Unter diesen Umständen könne das Gericht die Kalendereinträge im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel nutzen.

Aus dem Urteil: [...] Die Klägerin hat vorgespiegelt, beruflich veranlasst betriebsabwesend zu sein und zu arbeiten, während sie sich bei einer Sportveranstaltung an der Schule ihrer Tochter aufhielt. Mit dieser Falschdeklaration hat sie die Gutschrift von 4,5 vergütungspflichtige Stunden bewirkt. Die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage erscheint angesichts dessen auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht mehr wiederherstellbar. Das Arbeitsgericht hat zu Recht auf auch auf die hervorgehobene Führungsposition der Klägerin verwiesen, für die ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien Voraussetzung ist. Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit sind hierfür unabdingbar. Eine Falschdeklaration zur Arbeitszeit ist unvereinbar mit diesem der Klägerin verliehenen Status. Die Klägerin hatte als Führungskraft Personalverantwortung für 38 Mitarbeiter und nahm insoweit selbst Arbeitgeberfunktionen wahr. Ihre Aufgabe war der effektive Einsatz der Mitarbeiter und eine optimale Nutzung von deren Arbeitszeit. Sofern sie in ihrer Funktion selbst keine Vertrauensarbeitszeit hatte, sondern wie andere Mitarbeiter am Gleitzeitsystem teilnahm, hatte sie eine Vorbildfunktion und es oblag ihr eine besondere Verantwortung, einen korrekten Umgang mit Arbeitszeit zu demonstrieren. Das Gewicht der Pflichtverletzung wird durch diese Vorbildfunktion der Klägerin noch verstärkt. Eine Hinnahme des vorsätzlichen Fehlverhaltens durch die Beklagte war - auch für die Klägerin erkennbar - aufgrund der Schwere ihrer Pflichtverletzung unabhängig von einer Wiederholungsgefahr ausgeschlossen. [...]

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht ließ das LAG zu.

Themenindex:
fristlose Kündigung, falsche Arbeitszeitangabe, Bundesdatenschutzgesetz

Gericht:
Landesarbeitsgericht Mainz, Urteil vom 25.11.2014 - 8 Sa 363/14

Quelle: D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH
D.A.S. Rechtsschutzversicherung - www.das.de
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