Befindet sich in einem Arbeitszeugnis die Formulierung "zur vollen Zufriedenheit", bescheinigt der Arbeitgeber eine Schulnote "befriedigend". Begehrt der Arbeitnehmer eine bessere Benotung, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist.

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute ("stets zur vollen Zufriedenheit") oder sehr gute ("stets zur vollsten Zufriedenheit") Endnoten vergeben werden, so das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil (Az. 9 AZR 584/13).

Der Sachverhalt

Eine Bürofachkraft war im Empfangsbereich einer Zahnarztpraxis beschäftigt. Dort führte sie die Praxisorganisation, Betreuung der Patienten und Terminvergaben durch. Auch die Ausfertigung von Rechnungen und Aufstellung der Dienst- und Urlaubspläne gehörte zu ihren Aufgaben. Darüber hinaus half beim Praxisqualitätsmanagement.

Zur vollen Zufriedenheit oder stets zur vollen Zufriedenheit?

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte der Arbeitgeber ihr ein Arbeitszeugnis. Die Parteien streiten noch darüber, ob die Leistungen der Bürofachkraft mit "zur vollen Zufriedenheit" oder mit "stets zur vollen Zufriedenheit" zu bewerten sind. Die Bürofachkraft hat Klage erhoben. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und angenommen, der Arbeitgeber habe nicht dargelegt, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az. 9 AZR 584/13)

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die vom Landesarbeitsgericht zur Ermittlung einer durchschnittlichen Bewertung herangezogenen Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen sollen, führen nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. so das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil (Az. 9 AZR 584/13).

Bessere Note als "befriedigend"? Arbeitnehmer muss dies darlegen!

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt ist die Note "befriedigend" als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist und gegebenenfalls beweisen.

Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein

Im Übrigen lassen sich den Studien Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen, nicht entnehmen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet sich auf ein inhaltlich "wahres" Zeugnis. Das umfasst auch die Schlussnote. Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Der Neunte Senat hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird als Tatsacheninstanz zu prüfen haben, ob die von der Klägerin vorgetragenen Leistungen eine Beurteilung im oberen Bereich der Zufriedenheitsskala rechtfertigen und ob die Beklagte hiergegen beachtliche Einwände vorbringt.

Gericht:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.11.2014 - 9 AZR 584/13

Vorinstanz:
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. März 2013 - 18 Sa 2133/12

BAG, PM
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