Mit Urteil hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen eine Grundsatzentscheidung zum Befristungsrecht getroffen. Darin vertritt das Gericht eine von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abweichende Rechtsansicht.

Der Sachverhalt

Das Landesarbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich, der eine weitere Befristung eines Arbeitsverhältnisses regelt, zugleich einen Sachgrund für die Befristung i.S. von § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG setzt.

Nach § 14 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt u.a. vor, wenn die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Gemäß § 278 Abs. 6 ZPO kann ein gerichtlicher Vergleich auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen.

Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht am 15.02.2012 (Aktenzeichen 7 AZR 734/10) entschieden, dass ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alternative 1 ZPO auf übereinstimmenden Vergleichsvorschlag der Parteien festgestellter Vergleich kein gerichtlicher Vergleich i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist, der geeignet sei, die Befristung eines Arbeitsvertrages zu rechtfertigen, weil es an einer inhaltlichen Mitwirkung des Gerichts i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG fehle.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen ist dieser Rechtsprechung nicht gefolgt und hat die Entfristungsklage einer Arbeitnehmerin abgewiesen (Aktenzeichen 1 Sa 489/13).

Die Arbeitnehmerin hatte sich zunächst mit einer Klage gegen die vorletzte Befristung ihres Arbeitsverhältnisses als Teamassistentin bis zum 31.12.2010 gewehrt. Nach erfolgloser Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Hannover unterbreitete der Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitnehmerin einen mit der Arbeitgeberseite abgestimmten Vergleichsvorschlag, den das Gericht als gerichtlichen Vergleichsvorschlag der Arbeitgeberin zur Annahme zuleitete.

Die Arbeitgeberin nahm dann ausdrücklich den gerichtlichen Vergleichsvorschlag an, der eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses regelte. Nach Ablauf dieses Befristungszeitraums erhob die Klägerin Anfang 2013 erneut Entfristungsklage mit der Begründung, es habe an den Voraussetzungen eines gerichtlichen Vergleichs i.S. von § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG i.V. mit § 278 Abs. 6 Satz 1 2. Alternative ZPO und damit an einem sachlichen Grund für die Befristung gefehlt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht vertritt dagegen die Rechtsauffassung, dass die im Jahre 2004 vorgenommene gesetzliche Erweiterung in § 278 Abs. 6 ZPO den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs zu vereinfachen, auch bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 Nr. 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz beachtet werden müsse.

Der Gesetzgeber habe beide Verfahren zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs in § 278 Abs. 6 ZPO gleichbehandeln wollen und damit zugleich festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein gerichtlicher Vergleich i.S. von § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG zustande kommen kann.

Die vom BAG vorgenommenen Einschränkungen widersprächen dem Wortlaut, der Gesetzgebungsgeschichte und dem Gesetzeszweck, gerichtliche Vergleichsabschlüsse zu erleichtern. Auch bei von den Parteien unterbreiteten schriftlichen Vergleichsvorschlägen sei das Gericht gehalten, diese vor Bestätigung nicht nur auf ihre Rechtswidrig- und Sittenwidrigkeit, sondern auch auf ihre Ausgewogenheit zu prüfen und gegebenenfalls einen feststellenden Beschluss hierzu zu verweigern.

Gericht:
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 05.11.2013 - 1 Sa 489/13

LAG Niedersachsen
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