Nach Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen, verstößt das Einsichtsrecht des Betriebsrats in die Bruttolohn- und -gehaltslisten weder gegen deutsches noch gegen Unionsdatenschutzrecht, auch wenn ein Teil der Arbeitnehmer der Einsicht in ihre Unterlagen widersprochen hat.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Verfahren hat der Betriebsrat beantragt, dem Arbeitgeber aufzugeben, einem vom Betriebsrat benannten Mitglied Einsichtnahme in die Bruttolohn- und -gehaltslisten der Arbeitnehmer inklusive sämtlicher Lohnbestandteile des Monats April 2010 zu gewähren.

Dies lehnte der Arbeitgeber ab. Fast die Hälfte der Arbeitnehmer hätten der Einsichtnahme in ihre Lohnunterlagen widersprochen. Das Einblicksrecht verstoße auch gegen deutsches- und Unionsdatenschutzrecht.

Die Entscheidung

Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz. 2 BetrVG begründet.

  1. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BetrVG sind dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Unter den gleichen Voraussetzungen ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 BetrVG gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. In den Betrieben, in denen kein Betriebssausschuss zu bilden ist, steht dieses Recht dem Betriebsratsvorsitzenden oder einem anderen vom Betriebsrat zu benennenden Mitglied des Betriebsrats zu (BAG, Beschluss vom 10.02.1987 - 1 ABR 43/84 - Rn. 14, AP Nr. 27 zu § 80 BetrVG 1972 = EzA § 80 BetrVG 1972, Nr. 28).
  2. Das Einblicksrecht wird allerdings nur insoweit gewährt, wie es zur Durchführung der Aufgaben des Betriebsrates erforderlich ist. Diese Erfordernis ist vorliegend gegeben.
  3. Dem geltend gemachten Einblicksrecht steht weiter nicht entgegen, dass ihm fast die Hälfte der Arbeitnehmer widersprochen hat. Das Einblicksrecht besteht unabhängig vom Einverständnis der Arbeitnehmer, andernfalls der Betriebsrat seine Aufgaben nicht wahrnehmen kann.

Kein Verstoß gegen deutsches noch gegen Unionsdatenschutzrecht

Dem Einblicksrecht des Betriebsrats stehen die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) nicht entgegen. Aber auch datenschutzrechtlich stellt die Einblicksgewährung kein Geheimnisverrat im Sinne des § 5 BDSG dar. Auch verstößt das Einblicksrecht des Betriebsrats nicht gegen die Richtlinie 95/46/EG (RL).

Rechtsgrundlagen:
§ 80 Abs 2 S 2 Halbs 2 BetrVG, Art 7b EGRL 46/95, Art 2f EGRL 46/95, Art 2d EGRL 46/95, Art 8 Abs 2a EGRL 46/95, Art 8 Abs 1 EGRL 46/95, § 3 Abs 8 S 2 BDSG 1990, § 3 Abs 7 BDSG 1990, § 28 Abs 1 BDSG 1990

Gericht:
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 18.04.2012 - 16 TaBV 39/11

Niedersächsisches Landesarbeitsgericht
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