Fahrgäste benachrichtigten die Polizei wegen einer auffälligen Fahrweise des Busfahrers. Ein Drogenschnelltest ergab ein positives Ergebnis. Die BVG kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund. Der Busfahrer  klagte erfolglos gegen seine Kündigung.

Der Sachverhalt

Der Busfahrer war während seines Dienstes suspendiert worden, nachdem Fahrgäste wegen einer auffälligen Fahrweise die Polizei benachrichtigt hatten. Ein Drogenschnelltest wies auf einen Drogenkonsum während des Dienstes hin. Der Busfahrer räumte in einem Personalgespräch ein, außerhalb des Dienstes Drogen konsumiert zu haben. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund.

Das Urteil

Ein positiver Drogenschnelltest auf Kokain bei einem Busfahrer begründet den schwerwiegenden Verdacht des Fahrens im öffentlichen Straßenverkehr unter Einfluss von Betäubungsmitteln und damit des Fahrens in einem Zustand der Fahrdienstuntauglichkeit. Der begründete Verdacht berechtigt aufgrund der Schwere der arbeitsvertraglichen Verfehlung zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung (Amtl. Leitsatz).

Aus dem Urteil: [...] In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass nicht nur eine erhebliche Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen kann. Der Verdacht der schwerwiegenden Pflichtverletzung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Pflicht verletzt, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung bzw. Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, der Verdacht eines (nicht erwiesenen) vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Verdachtskündigung ist nur dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, dass für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Dabei ist die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Die Kündigung verstieße anderenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie wäre nicht ultima-ratio (BAG, 23.06.2009, 2 AZR 474/07, NZA 2009, 1136; BAG, 13.03.2008, 2 AZR 961/06, NZA 2008, 809). Der Verdacht muss darüber hinaus schwerwiegend sein und sich aus den Umständen ergeben bzw. objektiv durch Tatsachen begründet sein. Er muss weiter dringend sein, d. h. bei einer kritischen Prüfung muss eine auf Beweisanzeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung gerade dieses Arbeitnehmers bestehen (BAG, 12.03.2009, 2 ABR 24/08, NZA-RR 2010, 180). Dabei muss das Gericht im Einzelnen prüfen, ob die den Verdacht begründenden Indizien zutreffen, also entweder unstreitig sind oder vom Arbeitgeber bewiesen werden. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der Tatvorwurf erwiesen ist, sondern darauf, ob die vom Arbeitgeber zur Begründung des Verdachts vorgetragenen Tatsachen einerseits den Verdacht rechtfertigen und ob sie tatsächlich zutreffen (BAG, 10.02.2005, 2 AZR 189/04, NZA 2005, 1056). Der Verdacht muss sich dabei aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tatsachen ergeben (BAG, 10.06.2010, 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227). [...]

Gericht:
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 21.11.2012 - 31 Ca 13626/12

ArbG Berlin, PM Nr. 39/12
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