Ein Arbeitgeber muss nach billigem Ermessen darüber entscheiden, ob er einer Verlängerung der Elternzeit zustimmt. Er muss also zwischen seinen und den Interessen des Arbeitnehmers abwägen. Eine 5-fache Mutter bat aus gesundheitlichen Gründen um Verlängerung der Elternzeit.

Der Sachverhalt

Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, gegenüber dem Arbeitgeber erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Eine damit festgelegte Elternzeit kann der Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG nur verlängern, wenn der Arbeitgeber zustimmt.

Eine Mutter (Klägerin) ist seit 2005 bei der beklagten Arbeitgeberin beschäftigt. Am 3. Januar 2008 gebar sie ihr fünftes Kind und nahm deshalb bis 2. Januar 2009 Elternzeit in Anspruch. Am 8. Dezember 2008 bat sie die Arbeitgeberin schriftlich, einer Verlängerung ihrer Elternzeit um ein weiteres Jahr zuzustimmen. Sie berief sich auf ihren Gesundheitszustand. Leider blieb die Bitte ohne Erfolg. Nachdem die Mutter ab dem 5. Januar 2009 ihre Arbeit nicht wieder aufnahm, erteilte ihr die Arbeitgeberin eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens.

Unentschuldigtes Fehlen - Abmahnung

Das Arbeitsgericht verurteilte die Arbeitgeberin der Verlängerung der Elternzeit zuzustimmen und die Abmahnung aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber dürfe die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs frei verweigern. Die Beklagte habe nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt. Die Abmahnung sei berechtigt gewesen, da die klagende Mutter unentschuldigt der Arbeit fern geblieben sei.

Die Entscheidung

Die Revision der Klägerin hat vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg und führt zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Arbeitgeber muss nach billigem Ermessen entsprechend § 315 Abs. 3 BGB darüber entscheiden, ob er der Verlängerung der Elternzeit zustimmt. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht noch tatsächliche Feststellungen zu treffen. Es wird dann erneut darüber zu entscheiden haben, ob die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen ist.

Vorinstanz:
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - Teilurteil vom 14. April 2010 - 10 Sa 59/09

Gericht:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2011 - 9 AZR 315/10

Quelle: BAG PM Nr.80/11
Redaktion Rechtsindex
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