Wird ein Kündigungsschreiben einer Person übergeben, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten, ist diese nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen.

Dies ist in der Regel bei Ehegatten der Fall. Die Kündigungserklärung des Arbeitgebers geht dem Arbeitnehmer allerdings nicht bereits mit der Übermittlung an den Empfangsboten zu, sondern erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist.

Der Sachverhalt

Eine Arbeitnehmerin war seit 5 Jahren als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Nach einem Streit verließ die Arbeitnehmerin am 31. Januar 2008 ihren Arbeitsplatz und mit einem Schreiben vom selben Tag kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29. Februar 2008.

Das Kündigungsschreiben ließ der Arbeitgeber durch einen Boten dem Ehemann der Arbeitnehmerin überbringen. Diesem wurde das Schreiben am Nachmittag des 31. Januar 2008 an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt übergeben. Der Ehemann ließ das Schreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen und reichte es erst am 1. Februar 2008 an seine Frau weiter.

Mit ihrer Klage wollte die Arbeitnehmerin festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit dem 29. Februar 2008, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende mit dem 31. März 2008 beendet worden ist. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.

Die Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Da das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 der Klägerin noch am selben Tag zugegangen ist, ist das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum 29. Februar 2008 beendet worden. Nach der Verkehrsanschauung war der Ehemann der Klägerin bei der Übergabe des Kündigungsschreibens am Nachmittag des 31. Januar 2008 Empfangsbote.

Dem steht nicht entgegen, dass das Schreiben dem Ehemann der Klägerin an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt und damit außerhalb der Wohnung übergeben wurde. Entscheidend ist, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 zu rechnen war.

Vorinstanz:
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 7. September 2009 - 2 Sa 210/09

Gericht:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Juni 2011 - 6 AZR 687/09

Rechtsindex, Pressemitteilung des BAG Nr. 48/11

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