Generell stellt Diebstahl ein Kündigungsgrund dar. Eine über lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann jedoch gegen eine Kündigung sprechen.

Der Sachverhalt

Nach Mitteilung des Deutschen Anwaltvereins, hat ein ausgeschiedener Mitarbeiter seine ehemaligen Kollegen um einen Gefallen gebeten. Hierbei ging es darum, ob sie ihm drei bestimmte Schrauben besorgen könnten. Einer der Mitarbeiter weigerte sich und argumentierte, dass er nicht seinen Arbeitsplatz hierfür riskiere. Später kam der Betriebsratsvorsitzende, der seit mehr als 30 Jahren bei seinem Arbeitgeber tätig ist, hinzu. Er besorgte die Schrauben. Er ging zur Materialausgabe, gab dort an, die drei Schrauben für eine bestimmte Maschine zu brauchen und verschenkte die Schrauben an seinen Ex-Kollegen. Der Wert der Schrauben lag bei 28 Cent.  Durch ein anonymes Schreiben an den Arbeitgeber kam der Vorfall ans Licht. Das Unternehmen reagierte sofort und forderte vom Betriebsrat die Zustimmung zur fristlosen Kündigung. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats kann ein Betriebsratsvorsitzender nicht gekündigt werden.  Der Betriebsrat verweigerte diese jedoch. Auf Antrag des Arbeitgebers sollte das Arbeitsgericht die Zustimmung jetzt durch Gerichtsentscheidung ersetzen.

Die Entscheidung

Die Richter wiesen das zurück. In der Verhandlung betonten sie zwar ausdrücklich, dass auch ein Betrug, bei dem es um drei Schrauben im Wert von 28 Cent ginge, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen könne. Aber es komme immer auf den konkreten Fall an. Hier habe vor allem die lange Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters eine große Bedeutung. Positiv zu bewerten sei auch, dass der ertappte Betriebsratsvorsitzende nicht geleugnet, sondern sein Vorgehen sofort bedauert hätte.

Mit dieser Entscheidung folgte das Gericht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dieses hatte in seiner aktuellen „Emmely-Entscheidung“ erst im Sommer seine langjährige Rechtsprechung bestätigt, dass Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug durch Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber auch dann zur außerordentlichen Kündigung führen können, wenn nur geringfügige Werte betroffen seien. Das Bundesarbeitsgericht habe aber auch entschieden dass „eine über lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer „nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört“ werde.

Gericht:
ArbG Bonn, 21.10.2010 - 1 BV 47/10

Rechtsindex, Deutscher Anwaltvereins (DAV)
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